Vodafone und Co stellten in den letzten Monaten neue Tarife vor, die allesamt ordentliche Haken hinter ihren großen Marketingfloskeln haben. Fangen wir doch direkt mit Vodafone an, die in letzter Zeit gern mit dem Wort Giga spielen. Man kommt eigentlich gar nicht mehr dran vorbei, Giga ist bei Vodafone allgegenwärtig und trotzdem nicht viel mehr als ein inzwischen nur noch hart nervender Begriff der Marketingabteilung.
GigaSpeed heißt es beispielsweise bei den Festnetztarifen, obwohl zum Erreichen von einem Gigabit pro Sekunde selbst bei der schnellsten Leitung noch 600 Mbit/s fehlen. HalbGigaSpeed wäre also realistischer. Etwas anders aber nicht weniger dumm ist der brandneue GigaCube, ein LTE-Router als Ersatz für den Festanschluss. Klingt alles ganz nett, gemessen am deutschen Markt scheint auch der Preis fair, doch man tritt die unter anderem die Netzneutralität mit Füßen.
Video-Optimierung bei Vodafone
Offensichtlich hat man die gleichen Techniker wie bei der Telekom. Wer den GigaCube nutzt, darf Videos in maximal 480p streamen. Vodafone nennt das tatsächlich eine „Video-Optimierung“. Naja, streng genommen ist das gelogen, es handelt sich hierbei nämlich höchstens um eine Optimierung der Netzauslastung. Selbstverständlich im eigenen Sinne, nicht in dem des Kunden.
Aber man möchte es so verkaufen. Vodafone begründet den starken Einschnitt der Videoqualität damit, dass dem Kunde so ein „möglichst langes Surfvergnügen auf Handy und Tablet“ bereitgestellt werden kann. Und falls euch das als potenzieller Kunde alles stört, dass ihr auf die Wiedergabequalität keinen Einfluss nehmen könnt, bietet Vodafone selbstverständlich eine kostenpflichtige Option für eine höhere Bildqualität an.
Sorglos in DVD-Qualität streamen bei der Telekom
StreamOn heißt die neuste Option der Telekom, die den Nutzern einiger Tarife kostenlos ein „sorgloses“ Streaming ermöglicht. Naja, wenn man mal von den Beschränkungen absieht. Die da wären? Wie die Kollegen von Vodafone, optimiert man die Bildqualität. Genauer gesagt wird die Übertragungsqualität auf DVD Qualität „mobil-optimiert“. Ah ja, jetzt verstehe ich den Sinn des Kaufs eines 800 Euro Smartphones. Endlich kann ich Videos unbegrenzt in der Bildqualität einer 20 Jahre alten Technik betrachten. Und weil sich da wirklich ein schlauer Fuchs Gedanken gemacht hat, werden sämtliche Streaming-Dienste „optimiert“ und nicht nur die der Telekom-Partner. Genial!
Wenn die nicht mehr sonderlich zeitgemäße „Optimierung“ wenigstens der einzige Haken wäre. Ist sie aber nicht. Denn streamen „ohne sich Gedanken um das Highspeed-Datenvolumen zu machen“, geht trotzdem nicht. Man muss nämlich darauf achten, das Inklusivvolumen des eigenen Vertrages nicht anderweitig zu verbrauchen. Tut man das doch, ist auch das sorglose Streaming nicht mehr möglich und der komplette Vertrag wird auf die üblichen 64 Kbit/s gedrosselt.
Unendlich streamen mit Funktechnik von Vorgestern bei O2
Natürlich wollen wir auch O2 nicht vergessen, die mit ihren O2 Free-Tarifen überhaupt den Anstoß für viele neue Optionen gegeben haben. Anders als die Konkurrenz setzt O2 auf einen Trick bei der Datenübertragung, ebenfalls ganz offensichtlich zur Entlastung der eigenen Netze. Da hätten wir es wiedermal, auch der O2-Kunde kann „sorglos“ im Internet surfen und streamen.
Genauer gesagt nach Verbrauch des Inklusivvolumens mit noch maximal 1 Mbit/s im Downstream. Okay, das ist schon mal deutlich mehr als bei der sonst üblichen Drosselung auf kaum benutzbare 64 Kbit/s. Aber der Haken kommt erst noch, der steckt nämlich im Kleingedruckten. Free steht in diesem Fall nämlich für frei von LTE, da der Kunde nach Verbrauch seines Inklusivvolumens nur noch Zugriff auf die Netze 2G und 3G hat.
Das in zahlreichen Regionen besser ausgebaute LTE-Netz steht dann also nicht mehr zur Verfügung. Bist du dann in einem Gebiet mit EDGE, weil du LTE ja nicht nutzen darfst/kannst, habt ihr von theoretisch 1 Mbit/s nicht mehr viel übrig. Yeah! Und selbst wenn die volle Leitung anliegt, schreibt O2 selbst folgendes: „HD Video-Streaming und Internetanwendungen mit ähnlich hohen oder höheren Bandbreitenanforderungen nicht uneingeschränkt möglich“.
In die Vergangenheit optimiert
Sorglos, unendlich, unbegrenzt, Giga – ich kann es nicht mehr hören. Grundsätzlich machen die deutschen Netzbetreiber zwar einen kleinen Schritt in die richtige Richtung, regulieren und optimieren uns dabei zugleich zurück in die Mobilfunksteinzeit. Aktuell scheinen die Netzbetreiber neue Wege zu suchen, dem Kunden vermeintlich mehr zu bieten und trotzdem die Belastung der eigenen Netze irgendwie noch niedrig zu halten.
Und da haben wir noch gar nicht über die sogenannte Netzneutralität gesprochen, die hier zum Teil auch massiv beeinträchtigt bzw. einfach ignoriert wird.