Gleichzeitig sind die aktuellen Huawei-Smartphones nova und Honor 8 bei uns zu Gast, also packen wir einfach den Test der Geräte zusammen in einen gemeinsamen Artikel. Das hat mehrere Gründe, denn Huawei kannibalisiert sich ein wenig selbst, beide Smartphones haben nämlich einen recht ähnlichen Preis und trotzdem recht unterschiedliche Hardware außen wie innen. Nur 20 Euro unterscheiden beide Geräte in der UVP, zu welchem sollte man nun also greifen? Mal sehen, ob ich diese Frage halbwegs beantworten kann.
Mittelklasse vs Oberklasse
Ob sich der Massenmarkt bewusst ist, dass Honor einfach nur ein anderes Etikett für diverse Huawei-Smartphones ist, kann ich nicht wirklich beurteilen, doch genau deswegen will ich versuchen ein wenig aufzuklären. Schon beim Datenblatt wird es nämlich interessant, die ähnlich bepreisten Smartphones bieten ziemlich unterschiedliche Hardware an. Während das Huawei nova ganz klar in die Mittelklasse gehört, positioniert man das Honor 8 durchaus nah an der aktuellen Oberklasse.
Im Honor 8 steckt fast der gleiche Prozessor wie im Huawei P9, man setzt auf den Kirin 950 statt 955, dafür aber gibt es mit 4 GB RAM sogar mehr Arbeitsspeicher und beim Datenspeicher mit 32 GB gleich viel. Im Huawei nova hingegen finden wir nur den Snapdragon 625, welcher von 3 GB RAM unterstützt wird. Ebenbürtig will sich das Honor 8 auch bei der Kamera zeigen, wir finden hier eine Dual-Kamera verbaut, allerdings ohne Leica-Branding, während im nova nur eine einzelne Kamera verbaut ist.
Ihr merkt schon, das Honor 8 ist das Huawei P9 in einem anderen Gewand, während das nova irgendwo zwischen P9 Lite und P9 seinen Platz findet. Und wenn man darüber nachdenkt, dann fällt einem das Durcheinander erst recht auf, die genannten Geräte sind nämlich dank ihrer Displaydiagonale von 5 bis 5,2″ auch deshalb Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Ein derart wirres Portfolio pflegte sonst eigentlich immer Samsung.
Bei den Preisen ist übrigens alles dabei, das P9 lite kam zu 299 Euro auf den Markt, das Honor 8 für 399 Euro, das nova für 429 Euro und das P9 für 569 Euro. Zum Zeitpunkt des Artikels ist ein paar Monate ältere P9 noch immer teurer als das neue Honor 8. Warum also Huawei statt Honor?
Gehäuse, Haptik
Nun aber zurück zum eigentlichen Test, das eben war im Prinzip nur die Einleitung mit Blick auf das aktuelle Produktportfolio der Chinesen. Da kommt man schon mal durcheinander. Wie schon erwähnt, setzt Huawei bei den Geräten auf knapp über 5″ großes Displays, wobei das Display des nova exakt 5″ in der Diagonale hat, das Honor 8 mit 5,2″ allerdings nur geringfügig größer ist. Dieser kleine Unterschied ist aber auch aufgrund der Bauweise der Gehäuse spürbar, das nova fühlt sich kleiner an. Es ist etwas kürzer und etwas weniger breit.
Meines Erachtens ein nur sehr kleiner Unterschied, welcher kaum ins Gewicht fällt. Apropos Gewicht, 7 g unterscheiden die beiden Smartphones voneinander, meines Erachtens absolut nicht spürbar. Auch nicht spürbar ist ein Unterschied in der Verarbeitungsqualität, die ist bei beiden Geräten auf dem meines Erachtens höchstmöglichen Niveau. Eigentlich muss man nur wissen, ob lieber Metall oder Glas, ansonsten schmeicheln beide Geräte den Händen sehr.
Während das Glas besseren Grip bietet, verschmiert es natürlich deutlich schneller. Die eigentlich sehr gelungene Rückseite des Honor 8 sieht daher immer wie ein Glastisch nach dem Mittagessen im Kindergarten aus, selten wie ein hochwertiges Glaspanel. Viel putzen ist angesagt, um gerade das blaue Modell immer hübsch aussehen zu lassen. Anders beim nova, das Metallgehäuse sieht quasi immer sauber aus, vermag aber zu leicht durch die Hand zu gleiten.
Ich mag das Design beider Geräte, zudem schmeicheln sie durch ihre 2.5D-Frontpanels, den abgerundeten Kanten des Metallrahmens und ihren Rückseiten, den Händen des Nutzers, doch irgendwie sagt mir das Gehäuse des Honor 8 dann doch etwas mehr zu. Irgendwie liegt es etwas besser in der Hand, fühlt sich etwas besser an.
Beim Honor 8 ist mir allerdings leider aufgefallen, dass sich die blaue Farbe um Bereich des USB-Anschlusses bereits ablöst. Hatte derartige Beobachtungen auch schon woanders lesen müssen. Wie das Gerät nach einem Jahr aussieht, mag ich mir allerdings noch gar nicht ausmalen.
Bei beiden Geräten sind die Tasten (Power, Lautstärke) gut an der rechten Seite des Gehäuses positioniert und bieten einen knackigen Druckpunkt.
Multimedia: Display, Kamera, Sound
In diesem Abschnitt werden definitiv die größten Unterschiede deutlich, verrät auch schon der erste Blick auf das Display beider Geräte. Leider liefert das Honor 8 ein etwas blaustichiges LCD-Panel mit 5,2″ Diagonale mit, auch die Darstellung der Farben wirkt nicht immer gut. Besonders dunkles Gelb wirkt dreckig, vergleicht man es mit anderen Displays. Das im nova verbaute 5″ LCD hingegen wirkt schon sexier, hat allerdings einen erkennbaren Gelbstich.
Ich denke man jammert hier auf hohem Niveau, beide Displays sind unterm Strich definitiv gut, bieten eine meines Erachtens ähnlich starke maximale Helligkeit und sind natürlich aufgrund von 1080p auf ~5″ Diagonale gestochen scharf. Sexy ist auch noch die Bauart, das Display ist bei beiden Geräten quasi direkt am Glas laminiert und wirkt dadurch recht plastisch. Ebenso top ist die Darstellungsqualität aus jedem Blickwinkel, wie auch die verzögerungsfreie Toucheingabe.
In den Displayeinstellungen kann man die Farbdarstellung nicht ändern, Rot und andere ähnliche Farben wirken auf dem Honor 8 deutlich knalliger und übersättigt. Immerhin kann man einstellen, ob das Display etwas wärmer oder kälter darstellen soll.
Kamera
Kommen wir zu Kamera, wo die Unterschiede noch ein wenig größer sind. 12 MP hat die Kamera in beiden Geräten, im Honor kommt allerdings noch eine zweite Kamera mit S/W-Sensor hinzu, die für Tiefenschärfeeffekte und andere Extras sorgt. Leider muss man auf die Monochrom-Funktion der P9-Smartphones* verzichten.
Die Qualität unterscheidet sich teilweise enorm, ganz besonders im schwachen Licht versagt die Kamera des nova schnell, auch weil sie stets künstlich zu viel Licht ins Bild bringen will. Hier muss man dann schon enorm ruhig halten, damit das Bild nicht verwackelt. Richtig dunkle Stellen auf Fotos werden vom nova hingegen auch richtig dunkel dargestellt, manchmal allerdings etwas zu dunkel.
Interessant ist hierbei aber, dass die nova-Kamera im Detail hin und wieder überraschend besser ist. Zoomt man einige Fotos auf, sind die Aufnahmen der nova-Kamera zwar teilweise ausgefranzter, dennoch sind zum Beispiel Schriften schärfer. Richtig krass wird es auch mit Blick auf die Farbwiedergabe, die auf dem Honor 8 gern mal recht tot und trist wirkt, während das nova etwas zu viel Sättigung reinbuttert.
Etwas verwirrt lässt man uns trotzdem zurück, denn die eben genannten Faktoren können auch gern mal umgekehrt auftreten. Fazit? Die Fotos sind bei beiden Geräten okay, mehr aber auch nicht wirklich. Sicher könnte Huawei mit einer besseren Software noch mehr rausholen. Sobald das Umgebungslicht schwach wird, lassen auch die Kameras sichtbar nach.
Sound
Ihr ahnt es schon, beim Sound gibt es ebenso deutlich hörbare Unterschiede, obwohl beide Geräte über einen einzigen Lautsprecher an der Unterseite des Metallrahmens verfügen. Huawei setzt offensichtlich auf das gleiche Modul, das leider grundlegend wie ein veralteter Radiolautsprecher klingt, irgendwie immer etwas dumpf und hohl. An satten Tönen fehlt es zwar nicht gänzlich, besonders ausgewogen klingt Musik allerdings nicht. Immerhin, zu hell ist der Sound auch nicht, das gleicht nämlich der grundlegend dumpfe Klang aus.
Besonders hoch ist die maximale Lautstärke leider auch nicht, dafür lassen sich die Lautsprecher beider Smartphones aber auch nicht ungewollt übersteuern. Aus dem nova kommen ein paar wenige Dezibel mehr raus, allerdings ist das wirklich nur ein minimaler Unterschied. Bei beiden Geräten kommt der Sound natürlich nur aus einer Richtung, zudem kann man die Lautsprecher mit dem Finger zu schnell verdecken.
Software, Performance, Akku
Spätestens hier wird jedem klar, dass die Geräte aus dem gleichen Unternehmen kommen, denn beide sind mit Android 6 Marshmallow und der EMUI 4.1 ausgestattet. Über die Software von Huawei muss ich wohl kein Wort mehr verlieren, sie ist optisch meist nicht so richtig ansprechend und wirkt noch immer an vielen Ecken wie eine iOS-Kopie. Letzteres merkt man aber nur, wenn einem iOS-Geräte bekannt sind, sodass dieser Faktor nicht für jeden Nutzer von Bedeutung sein wird.
Die auffälligsten Unterschiede zu anderen Geräten merkt man unter anderem bei den Benachrichtigungen, die hier mit vorangestellter Uhrzeit gelistet sind. Leider ist die Darstellung insgesamt sehr platzraubend und dann auch manchmal noch arg verbuggt. Des Weiteren werden bei Chat-Apps für neue Benachrichtigungen nicht die Symbole der Apps angezeigt, sondern die jeweiligen Kontaktfotos. Muss man mögen. Wie auch die Darstellung der Icons, die ziemlich klein ist.
Ebenso hat Huawei den Teilen-Dialog komplett angepasst, sodass Quick Share wie unter Stock-Android nicht nutzbar ist. Ich hoffe inständig hier passiert demnächst etwas, denn derartige Anpassungen sind tatsächlich einschränkend und daher nicht unbedingt cool. Chrome beispielsweise bietet im Menü einen Schnellzugriff auf die zuletzt benutzte App zum Teilen, dank der Huawei-Software funktioniert das aber nicht. Immerhin sortiert der Teilen-Dialog auf den Huawei-Geräten automatisch nach den meist genutzten Apps.
Folgend zwei Beispiele, die ersten Screenshots zeigen die Darstellung von Android und die zweiten Screenshots die starke Anpassung durch die Huawei-Software.
Benachrichtigungen auf dem Lockscreen? Jain. Zwar werden mir in der Status Bar die Icons der Apps angezeigt, Inhalte der Benachrichtigungen allerdings nicht. Ist zwar eigentlich alles eingeschaltet, will aber nicht so richtig funktionieren. Feature oder Bug? Auf jeden Fall nervig. Ich muss das Gerät zwingend entsperren und die Benachrichtigungsleiste öffnen. Immerhin, es gibt über den Lockscreen Zugriff auf ein paar wenige Funktionen.
Ansonsten fuchst man sich eben rein, wenn man sonst an andere Software gewohnt ist. Grundsätzlich ist der Aufbau gleich, es gibt einen Homescreen und die Systemeinstellungen, der Rest sind die installierten und sowieso gewohnten Apps. Hier und da sind optische Anpassungen vorhanden, die ein oder andere Einstellung mehr. Meines Erachtens muss das nicht immer ein Problem sein. Mit der neuen Emotion UI 5 soll sich das eh ändern.
Gewisse Unterschiede sind in der Software komischerweise übrigens manchmal doch vorhanden, unter anderem liefert Huawei eine unterschiedliche Kamera-App aus. Warum? Gute Frage.
Performance
Hier trennen sich die Geräte mal wieder voneinander, denn das Honor 8 ist mit seinem SoC aus dem oberen Regal natürlich hier und da ne Ecke schneller unterwegs, beim bloßen Öffnen von Apps allerdings meistens nicht. Es kommt ganz auf den Usecase an, wann das Honor 8 seine Geschwindigkeitsvorteile tatsächlich ausspielen kann. Ob 3 oder 4 GB RAM finde ich im Alltag meist unerheblich, mit Sicht auf die Nutzung in einem Jahr oder sogar noch in zwei Jahren könnten natürlich 4 GB zukunftssicherer sein.
Belanglose Ergebnisse aus Benchmarks findet ihr woanders zur Genüge, natürlich schneidet das Honor 8 besser ab. Aber was sagt der Alltag? Nehmen wir ein Spiel wie Asphalt 8, dann sehen wir selbstredend kürzere Ladezeiten auf dem Honor 8. Im Spiel ruckelt das nova zwar nicht, kann aber nicht ganz so weiche und super flüssige Animationen wiedergeben, die Darstellung wirkt etwas behäbiger.
Ein Fazit? Klar, das Honor 8 ist auf dem Datenblatt und auch in der Realität eine kleine Ecke schneller. Signifikant sind die Unterschiede nach aktuellem Stand meist eher nicht.
Akku
Jaha, man müsste ja meinen der Akku ist gleich, beide Geräte haben ja im Grunde eine relativ ähnliche Ausstattung, doch die Akkulaufzeit zeigt wirklich enorme Unterschiede. Kurz gesagt: Wer richtig lange durchhalten will, der muss zum nova greifen, denn es steckt das Honor 8 locker in die Tasche. Ich kann mir das nur so erklären, dass Prozessor und Display beim Honor 8 mehr Energie benötigen.
Mit meinem Nutzungsverhalten komme ich mit beiden Geräten um die zwei Tage hin. Anders schaut es beim Display aus, mit dem nova erreiche ich in der Spitze bis zu 7 h SOT (Screen on time) und mit dem Honor 8 „nur“ 4 – 5 h SOT. Hauptsächlich bin ich im WiFi unterwegs, nutze Facebook, WhatsApp, Feedly, Chrome, Messenger und ähnliche Apps, selten mal YouTube abends im Bett, gespielt wird gar nicht.
Ihr werdet andere Zahlen erreichen, auf Twitter sind mir Leute begegnet, welche mit dem nova nur 4 h SOT erreichen, andere wiederum sogar 10 h. Im Grunde kann ich sagen, dass beide Geräte durchaus zufriedenstellend sind und man mindestens durch den Tag kommt, mit dem nova aber voraussichtlich sogar durch den zweiten Tag.
Für die Akkulaufzeit und deren Anpassung bietet Huawei diverse Software. Im Grunde werden Apps im Hintergrund gern blockiert, davon kann man sie aber freischalten. Ich kann am Ende sagen, dass Benachrichtigungen von Inbox, WhatsApp und anderen Apps immer durchkamen. Das war und ist nicht immer so gewesen, die Huawei-Software buggt hier immer mal rum, allerdings von Nutzer zu Nutzer mal mehr oder mal weniger.
Fingerabdrucksensor
Huawei hat in beiden Geräten einen Fingerabdrucksensor verbaut, der im Honor 8 verbaute kann allerdings doch noch eine ganze Ecke mehr. Dieser ist nämlich eine echte physische Taste, welche mit zusätzlichen Funktionen belegt werden kann, wie etwa zum Schnellstart einer App. Zudem haben die Sensoren in beiden Geräten diverse Gesten, wie etwa zum Öffnen der Benachrichtigungsleiste. Funktioniert mit dem Honor 8 aber besser, weil die Sensorfläche nicht so tief im Gehäuse liegt und dadurch Wischgesten besser möglich macht. Die Erkennung meiner Finger ist auf beiden Geräten immer 1A.
Fazit
Da hat uns Huawei doch mal eine Aufgabe gestellt, in dem sie zwei unterschiedliche und irgendwie doch gleiche Smartphones mit einem ähnlichen Preis auf den Markt werfen. Für das Honor 8 sprechen die etwas bessere Performance und daher leistungsfähigere Hardware, wie auch das nettere Gehäuse und der umfangreichere Fingerabdrucksensor. Für das nova spricht hin und wieder die bessere Qualität der Kamera im Detail, die Aussicht auf Custom-ROMs für mehr Langlebigkeit und die deutlich bessere Akkulaufzeit.
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