HTC bringt seine U-Serie in die nächste Generation, wir haben das brandneue HTC U12+ mit neuem Edge Sense 2 testen dürfen. HTC konnte nach dem Fehltritt namens U Ultra relativ fix wieder in die Spur finden, das U11 war ein gutes Android-Smartphone und das U11+ sicher eines der besten des vergangenen Jahres. Recht flott gab es jetzt direkt das U12+, welches einige Verbesserungen mitbringt und das Vorzeigemodell des taiwanischen OEMs in 2018 sein soll. Warum dieser Wurf nicht gelungen ist, verrate ich euch in den folgenden Zeilen.
Mehrere Besonderheiten sind sofort auffällig, positiv und leider auch negativ. Da gibt es zum einen den druckempfindlichen Gehäuserahmen namens Edge Sense, bei dem es HTC nun echt auf die Spitze getrieben hat. Es gibt keine echten „klickbaren“ Tasten mehr, rechts am Gehäuse sind nur berührungsempfindliche Erhebungen des Metallrahmens zu finden. HTC geht damit ins Risiko und auch direkt baden.
Edge Sense: Drück mich hart, tipp‘ mich weich
Ich löse die neue „Power-Taste“ leider immer wieder ungewollt aus, während ich das Gerät nutze oder auch wenn es im Standby ist. Meiner Freundin ging es da nicht anders. Somit bleibt in meinen Augen die eigentlich gute Idee doch eine eher schlechte, im Alltag kann sich das neue System nur bedingt bewähren. Die Erhöhung der Lautstärke funktionierte bei meinem Gerät zudem nur zufällig, meist nicht auf Anhieb. Ein Bug? Inakzeptabel auf jeden Fall.
Es sollte aber erwähnt werden, dass bei gewollter Ausführung und ohne Bug diese „Tasten“ trotzdem ganz okay sind. Feedback gibt es durch den Vibrationsmotor. Leider lässt sich die Sensibilität nicht einstellen, das hätte ich mir noch gewünscht. Warum einige Kollegen schreiben HTC hätte „das Problem“ der klassischen Tasten gelöst, kann ich nicht nachvollziehen. Bei mir ist in den letzten Jahren keine Taste an irgendeinem Gerät kaputtgegangen, es gab also gar kein Problem zu lösen.
Neben den klassischen und besser erweiterbaren Gesten von Edge Sense, versteht der Gehäuserahmen jetzt zusätzlich ein sanftes Doppel-Tippen und führt nun auch so weitere Funktionen aus. Rechts wie links ist das möglich, zum Beispiel zum Start einer App, öffnen der Benachrichtigungen oder zum Start des Einhandmodus. Das ist alles in allem nett gemacht und funktioniert zumeist gut, will sich aber einfach nicht in meinen Alltag einfügen.
Eine weitere Besonderheit sehen wir vorn am Gerät, dort ist nämlich ein „normales“ Display verbaut. HTC verzichtet auf den Notch-Trend und das ist gut. Nicht jeder sieht sich gezwungen da mitzumachen. Dafür leidet das Display unter seiner maximalen Helligkeit, da bietet sogar das Display des Nokia 7 Plus mehr. Zwischen beiden Geräten liegt ein Preisunterschied von 400 Euro! Ansonsten weiß das Panel aber zu überzeugen.
Sieh mir noch einmal in die Augen, Baby
Horizontal angeordnete Dualkameras bietet das U12+ vorn und hinten, jeweils mit einer richtig guten Fotoqualität. Mit der doppelten Frontkamera will HTC ein sicheres Face Unlock bieten, das in Sachen Geschwindigkeit der Konkurrenz nur etwas nachhängt. Lange muss man nicht erwarten und trotzdem ist es ein Moment zu viel. Vielleicht könnte die Software noch optimiert werden.
Wie schon gesagt, machen beide Kameras-Systeme mächtig viel Spaß. Inbesondere die Hauptkamera ist wieder auf höchstem Niveau. Ob am Tag oder in der Nacht, ich freue mich über jedes geschossene Foto. Damit ihr euch selbst ein Bild machen könnt, findet ihr hier diesem Link einen Ordner mit einigen Aufnahmen. Ebenso überzeugen will die Kamera-App, sie reagiert schnell und wirkt gut bestückt.
Nachts sehen Aufnahmen des HTC U12+ sogar so gut aus, dass sie den Nacht-Modus des normalen Huawei P20 locker in den Schatten stellen. Buzzword-Marketing ist eben nicht alles, Huawei.
Von der schnelleren Sorte
Neben der guten Kamera überzeugt die Performance. Es fühlt sich zwar nicht schneller als ein OnePlus 6 an, dafür irgendwie geschmeidiger. Schwierig zu beschreiben. Eine Animation nach der Befehlseingabe sieht „realistisch“ schnell aus. Nicht behäbig langsam aber auch nicht wie vorgespult – eben exakt richtig. Abgesehen davon liegt die vorhandene Power immer an, in aufwendigen Spielen, nach langem Standby und auch bei 5 Prozent Restakku.
Schnell wird das HTC U12+ auch wieder aufgeladen, dafür ist es nicht so schnell wieder leer. Da in meinen Augen die meisten Flaggschiff-Geräte inzwischen eine relativ ähnliche Akkuleistung bieten, die Unterschiede geringer als früher sind, fällt mein Fazit auch bei diesem Smartphone recht positiv aus. Ich komme locker über den Tag, manchmal reicht der Akku sogar anderthalb bis fast zwei Tage. Mein Nutzungsverhalten: fast Wlan-only und kein Gaming.
HTC bietet auch im U12+ sein BoomSound-System an, Frontlautsprecher sorgen für einen verdammt guten Sound. Einen Fingerabdrucksensor verbaut HTC zwar auch, der hatte im Alltag aber eine spürbar hohe Fehlerrate. Die fehlende Klinke stört mich hingegen weniger, dafür das sichtbare Spaltmaß zwischen Rückseite und Metallrahmen. Übrigens ist die Rückseite besser geworden, sie ist weniger rund als sie das noch beim U11+ war.
Über andere Faktoren kann man streiten, beim veranschlagten Preis finde ich 64 Gigabyte Datenspeicher allerdings zu wenig. Eine Erweiterung ist aber mittels microSD möglich. Toll sind auch noch der USB 3.1 Typ C mit Displayport-Support (super flüssiges Bild per Kabel an den Monitor), wie auch das IP68 zertifizierte Gehäuse. Zwei SIM-Karten passen in das Flaggschiff auch!
Warum will es keiner?
Ich hatte oft in den vergangenen Wochen gelesen, dass die Kollegen das HTC U12+ nicht unbedingt empfehlen wollen. Auf der einen Seite ist das Gerät zu langweilig, auf der anderen Seite sind die Innovationen nicht besonders hilfreich oder sogar schlecht umgesetzt. Aber was ist, wenn ein langweiliges und doch solides Flaggschiff-Smartphone irgendwie doch interessant sein kann?
Ich würde dieses Gerät nicht zur UVP kaufen, nur würde ich das heute sowieso nur selten tun. Ein schneller Preisverfall macht das HTC U12+ aber direkt wieder interessant. Für mich ist der nervigste Faktor bereits einleitend erwähnt, die innovativen Fake-Tasten sind nur bedingt akzeptabel. Nur noch nerviger ist die vorinstallierte NewsRepublic-App und die zur Einrichtung optionale Bloatware-Installation.
Man ey, HTC! Solide kämpft man um die Rückkehr der eigenen Stärken und dann kam irgendeiner auf die Idee mit diesen schwachsinnigen Sensor-Tasten. Für mich vielleicht der entscheidende Grund kein positives Fazit ziehen zu können. Es nervt im Alltag einfach so hart.