Google Pixel XL ausprobiert (Testbericht)

Google hat im vergangenen Jahr erstmals eigene Smartphones präsentiert, wir konnten das größere Google Pixel XL nun auch in einem Test verarbeiten. Hat ja reichlich gedauert, bis auch wir ein Testgerät der Pixel-Smartphones erhalten haben. Seit der Präsentation ist das Interesse an diesen Geräten bei mir inzwischen verflogen, was auch am deutlich zu hohen Preis liegt. Dennoch wollten wir wissen, wie gut oder schlecht die ersten „echten“ Google-Smartphones sind.

750 Euro für das kleine Pixel. Warum sollte ich? Für 150 Euro weniger erhalte ich ein brandneues Huawei P10. Das hat nur den Nachteil, kein Stock-Android zu besitzen und Android-Updates ein paar Monate später zu erhalten. Letzteres ist zugleich der offensichtlich einzige Grund zu einem so teuren Google-Smartphone zu greifen. Gebaut und auch zum Teil entworfen wurde das Pixel von HTC. Auch wenn das von Google nie bestätigt wurde, spürt man das und sieht es.

Optisch interessant, mehr aber auch nicht

Natürlich kann die Vorderseite des Google Pixel nicht gerade mit einer atemberaubenden Optik überzeugen, dafür ist die Rückseite mehr als nur interessant. Ich mochte den Style von Anfang an, die geteilte Rückseite mit dem Glaspanel im oberen Bereich. Noch heute bin ich ein Fan davon, einfach weil das Gerät dadurch nicht aussieht wie jedes andere. Dafür könnte es jedes andere Gerät sein, wenn man es blind anfasst. Selten hatte ich ein so emotionsloses Smartphone in der Hand.

Nicht nur das, es wirkt auch extrem klobig und unhandlich. Mein Moto Z hat zwar auch ein 5,5″ Display und ist unwesentlich kompakter gebaut, sorgt aber einfach für ein deutlich besseres Feeling der Hand. Beim Pixel XL fühle ich mich allerdings immer irgendwie an einen smarten Backstein mit runden Gehäusekanten erinnert. Und irgendwie kommen Gedanken an die HTC-Smartphones One M8 und One M9 wieder hoch. Positiv ist das nicht gemeint.

Pixel XL gegen ZUK Edge: 5,5″ gegen 5,5″

Die Verarbeitung hingegen ist gut. Nur die Lautstärkewippe sitzt mir etwas zu locker und der Schlitten für die SIM-Karte sitzt ein My zu tief im Gehäuse. Zudem muss ich aufgrund meiner kleinen Finger die Position des Power-Buttons kritisieren, denn der sitzt sogar noch höher als beim Moto Z. Schwer erreichbar, wenngleich er nur noch zum Ausschalten des Displays verwendet wird.

Manchmal ist es auch ganz gut ein Testgerät später zu erhalten, denn so lassen sich eventuell später auftretende Gebrauchsspuren prüfen. Eindeutig sind welche an der Rückseite zu erkennen, die unteren Ecken des Glaspanels sind bereits angeraut und stumpf. Vermutlich wird jedes Pixel irgendwann so aussehen.

Bild gut, Sound geht so

Als sehr solide Technik würde ich das Display bezeichnen, das verbaute AMOLED Panel mit QHD-Auflösung bietet eine sehr hohe Qualität in allen Bereichen und lässt keinen Anlass zur Kritik. Nur die Helligkeit könnte etwas höher sein, trotzdem lässt es sich im Sonnenlicht noch vernünftig ablesen. Ansonsten muss ich nicht viel zu sagen, ihr kauft High-End und erhaltet High-End. Gleiches gilt für die Kamera, die zum Zeitpunkt des Artikels noch immer das höchste Ranking im DxOMark bietet. Individuelle Ergebnisse können immer etwas unterschiedlich ausfallen, doch die Kamera der Pixel-Smartphones macht durch die Bank weg eine gute Figur.

Kameradesign mal anders, dezent und ohne Buckel.

Farben und Umgebung werden stets gut wiedergegeben, auch im Lowlight machte mir die Kamera viel Spaß. Fotografieren macht mit dem Pixel grundsätzlich einfach Laune, weil die Ergebnisse gut aussehen und Fotos meist sofort gelingen. Bei starker Sonne sieht man aber hin und wieder „Streifen des Lichts“ in den Ecken der Fotos. Kann man ein cooler Effekt sein, stört aber bei einigen Aufnahmen. Über die App müssen wir wohl nicht mehr viel sagen, sie ist schnell, schlicht aufgebaut und bietet nur die notwendigsten Funktionen (manueller Modus, Panorama, Zeitlupe, etc.). Ihr könnt euch gern ein Bild von der Kamera machen, indem ihr euch in diesen Fotos-Ordner klickt.

Leider hat man von HTC nicht den BoomSound übernommen oder übernehmen dürfen, denn der an der Unterseite verbaute Lautsprecher des Pixel wirkt genauso emotionslos wie das Gehäuse des Gerätes. Keine Bässe, nur bedingt satte Töne und der viel zu helle Sound kommt zwangsläufig nur aus einer Richtung. Dafür ist die Lautstärke gut und Stimmen sind immer klar verständlich.

Schnell, schneller, Pixel

Über die verbaute Hardware muss eigentlich nicht viel gesagt werden, die Kombination aus Snapdragon 821, 4 GB LPDDR4 RAM und UFS 2.0 Datenspeicher ist enorm leistungsfähig, hinzukommt eine gefühlt bessere Abstimmung des Displays im Vergleich zu anderen Geräten, sodass sich jede Eingabe wirklich perfekt anfühlt und auch ausgeführt wird.

Nachdem das Pixel nun seit geraumer Zeit verfügbar ist, brauche ich Benchmarkergebnissen nun nicht mehr aufzählen. Hätte ich ohnehin nicht gemacht. Aufwendige Spiele laufen flüssig, auch die Daydream-Performance ist meines Erachtens sehr gut. Zum Vergleich habe ich nur das Moto Z, welches unter Daydream dann mehr Probleme hatte.

Ein spürbarer Unterschied zu ähnlichen Geräten bietet sich dann doch im Alltag, denn andere Android-Smartphones* führen noch immer nicht restlos jede Aktion ruckelfrei durch. Selbst wenn es beim Öffnen des Share Intents nur einziger kleiner Ruckler ist, fehlt eben noch der Schritt zur Perfektion. Anders beim Pixel, hier wird nun wirklich jede Aktion zu 100 % flüssig ausgeführt, zudem auch rasend schnell.

Schnell aufgeladen wird das Pixel natürlich auch, Quick Charge 3.0 von Qualcomm ist an Bord. Gut so, ich bin eher ein Fan der weit verbreiteten Standards. Nicht so schnell ist der Akku (3450 mAh) leer, zumindest mit dem Pixel XL sollten die meisten Nutzer auch über längere Tage kommen. Exakte Zahlen spare ich mir diesmal, die unterscheiden sich eh wieder stark von anderen Erfahrungen und führen nur zu endlosen Diskussionen.

Exklusiv

Über ein paar Monate hinweg war das Pixel sehr exklusiv, denn es hatte den deutlich umfangreicheren Sprachassistenten von Google an Bord. Nach Google Now kommt der Google Assistant, ein direkter Konkurrent zu Amazons Alexa. Beide für uns deutsche Kunden jetzt verfügbar, seit geraumer Zeit liefert Google den Assistent allerdings für nahezu alle Smartphones* ab Android 6 Marshmallow aus. Anders als Google Now ist der Assistent deutlich intelligenter geworden, seine Stärke liegt ganz klar darin den Kontext zu erkennen und die Anbindung in Apps. Bestes Beispiel ist Allo.

Folgend mal ein recht einfaches Beispiel, in welchem ich erst nach italienischen Restaurants suche, mir danach die Öffnungszeiten zu einem bestimmten Restaurant anzeige lasse, um schlussendlich eine Telefonverbindung zum Restaurant zu fordern. Alles in einem Kontext und der Assistent erkennt diesen problemlos. Nicht nur das, Google ist gegenüber der Konkurrenz aufgrund von Maps und Co im Vorteil, Alexa versagt hier schon bei den Öffnungszeiten.

Der Assistent wird allerdings noch viel umfangreicher, wenn die Anbieter anderer Hardware die angebotenen Schnittstellen nutzen. IFTTT und Co sind bereits drin, damit man über die Spracheingabe des Assistent beispielsweise das Licht in der Wohnung steuern kann. Ich setze dafür aktuell auf Alexa. Ebenso soll der Assistent tiefer mit Drittanbieter-Apps interagieren können, sodass der Nutzer irgendwann jede App auch über Spracheingaben steuern kann. Noch immer stehen wir hierfür am Anfang.

„Ok Google“ funktioniert meines Erachtens zwar gut, das Gerät reagiert bei diesem Befehl immer und steht somit sofort bereit, doch es reagiert sogar viel zu häufig. Oftmals, wenn Radio oder TV laufen, reagiert das Pixel auf die Spracheingabe, obwohl der Befehl gar nicht gesagt wurde. Kein Beinbruch, manchmal trotzdem nervig.

Neben dem Assistent bot das Pixel auch Daydream kurzzeitig exklusiv, die VR-Plattform für High-End-Smartphones mit Android probierten wir bereits aus. Wie schon früher im Text erwähnt, läuft Daydream auf dem Pixel XL deutlich flüssiger in fast allen Lebenslagen, generell wirkt die Performance besser.

Exklusiv ist auch der Nacht-Modus, zumindest mit Blick auf die bisherigen Google-Smartphones. Hierbei wird das Blaulicht gefiltert, die Anzeige wirkt rot/orange/gelb und schont somit die Augen. Das Nachtlicht kann manuell aktiviert werden oder auch automatisch.

Google hatte neben dem GNL auch den Pixel Launcher an den Start gebracht, welcher noch immer nur für die Pixel-Geräte gedacht ist. Da ich sowieso immer Alternativen empfehle, da weiterhin grundlegende Funktionen/Einstellungen bei den Google-Launchern fehlen, ist dieser neue Launcher kaum der Rede wert.

Zu guter Letzt kommen die Freunde der Fotografie in den Genuss von kostenlosem Datenspeicher bei Google Fotos. Als Besitzer und Nutzer eines Pixel-Smartphones steht euch dort „unbegrenzter Datenspeicher“ für Fotos und Videos zur Verfügung.

Alle sonstigen Neuerungen von Android 7 Nougat, das erstmals auf den Pixel-Smarphones ab Werk ausgeliefert wurde, könnt ihr in einem älteren Artikel bei uns nachlesen.

Lebenszyklus entspricht nicht dem Preis

Ein großer und durchaus verständlicher Kritikpunkt sind der Preis und der trotzdem beibehaltene Lebenszyklus dieser Geräte, denn selbst die über 1000 Euro teuren Varianten werden Android-Updates nur 24 Monate lang erhalten. Sicherheitspatches gibt es zwar länger, doch neue Funktionen eben nicht. Beliefert werden die neuen Pixel-Smartphones dann maximal bis Oktober 2018, voraussichtlich also noch mit Android O und P.

Meines Erachtens ist das zu wenig, wenn man denn wirklich mit dem iPhone konkurrieren will. Zwar kann man sicher kaum eingefleischte iOS-Nutzer für Android begeistern, will aber ein Flaggschiff-Smartphone auf Niveau der Konkurrenz als Referenz bieten können. iPhones allerdings werden deutlich länger mit iOS-Updates versorgt. Ein Beispiel? Das finale iOS 10 erschien im September 2016, es wurde auch für das bis dahin vier Jahre alte iPhone 5 – mit diversen Einschränkungen – bereitgestellt.

Sonstiges

  • Fingerabdrucksensor: Über die Position mag man streiten können, mir liegt der Sensor wie der Power-Button beim XL etwas zu hoch, doch über die Performance gibt es keine zwei Meinungen. Allerdings ist die Erkennung nicht so schnell wie bei einem Huawei P10, das wohl einen Benchmark gesetzt hat.
  • Google legt zum Pixel sogar einen Adapter bei, damit man die Daten von einem älteren Smartphone auf das neue Pixel übertragen kann. Gute Idee, die bei mir nicht so richtig funktionieren wollte.
  • Wer sich für die „günstigere“ 32 GB Variante entscheidet, muss damit auskommen. Es gibt keinen microSD-Slot.
  • Bei einem Preis ab 750 Euro kann man inzwischen durchaus ein wasserdichtes Gehäuse erwarten, doch Google liefert hier leider nicht wie erwünscht.

Google Pixel: Perfekt und irgendwie doch nicht

Google hat mit dem Pixel ohne Zweifel das Android-Smartphone an den Markt gebracht, dennoch hat es diverse Defizite. Die kurze der Zeit Entwicklung brachte mit sich, dass man zwar das Zusammenspiel zwischen Software und SoC/Display/Kamera auf ein perfektes Level heben konnte, beim Gehäuse aber höchstens den Standard von vor drei Jahren erfüllt. Ebenso enttäuscht der kurze Lebenszyklus der Software, ganz besonders mit der Preisstruktur im Hinterkopf.

Innen hui, außen pfui – wenn man denn so will. Haptik und Optik spiegeln nicht das wieder, was Kamera, Display, Akku und der Prozessor leisten können. Kann man das Pixel kaufen? Definitiv! Aber sollte man? Bei zahlreichen Alternativen, die entweder zum Marktstart oder ein paar Monate später deutlich günstiger zu haben sind, würde ich persönlich wohl eher zur Alternative greifen. Es sei denn, man schießt das Pixel günstig bei eBay* oder anderen Plattformen.

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