Google präsentierte vor ein paar Wochen sein neues Pixel 4 und damit erneut ein teures Android-Smartphone, das bereits in den ersten Tagen die Gemüter spaltete. Viel wurde über die Kamera geredet, die keinen Ultra-Weitwinkel bietet. Aber auch der zu kleine Akku des kleineren Modells wurde häufig kritisiert, wie auch der kleine Datenspeicher, das nicht immer aktive 90 Hz Display und sicherlich noch einiges mehr. Jedenfalls waren von Anfang an die Erwartungen sehr groß und die Enttäuschungen auch. Hier mein Erfahrungsbericht nach bald einem Monat mit dem Google Pixel 4.
Datenblatt
Google Pixel 4
- 5,7″ FHD+, 90 Hz, AMOLED
- 6 GB RAM, 64/128 GB Speicher
- Snapdragon 855, Pixel Neural Core
- 12 MP + 16 MP (Telephoto) Hauptkamera
8 MP Frontkamera - 2800 mAh Akku, USB-C, Drahtloses Aufladen
- Stereo-Lautsprecher, Gesichtsentsperrung, Gestensteuerung, IP68, Active Edge
- Android mit 3 Jahre Update-Garantie
Google Pixel 4 XL
- 6,3″ QHD+, 90 Hz, AMOLED
- 6 GB RAM, 64/128 GB Speicher
- Snapdragon 855, Pixel Neural Core
- 12 MP + 16 MP (Telephoto) Hauptkamera
8 MP Frontkamera - 3700 mAh Akku, USB-C, Drahtloses Aufladen
- Stereo-Lautsprecher, Gesichtsentsperrung, Gestensteuerung, IP68, Active Edge
- Android mit 3 Jahre Update-Garantie
Kleiner Akku als größter Kritikpunkt
Zur Einordnung: Ich selbst komme vom Google Pixel 3, mit dem ich insgesamt doch recht zufrieden war. Auch hier war der Akku bereits zu klein und die Laufzeit hing der Konkurrenz hinterher. Ich war aber nie „auf der Suche“ nach einer Steckdose, auch war mein Akku nie frühzeitig komplett leer. Im Grunde genommen passt man sich im Alltag einfach automatisch an. Muss man öfter an die Steckdose, passiert das ganz unbewusst. Genauso andersherum, dass man mit einem Smartphone mit deutlichem größeren Akku auf einer Tagesreise vielleicht gar nicht erst ein Kabel einpackt.
Beispiel: Wenn wir nach Dortmund fahren, lade ich das Smartphone entweder im Auto auf 100% oder hänge es bei der Ankunft im Hotel noch mal kurz ran. Das bedeutet für mich keine aktive Arbeit, sondern ist einfach automatisiert im Alltag integriert. Mit einem Huawei Mate 30 Pro würde ich vermutlich früh daheim aufladen und bis zum nächsten Tag locker auskommen, daher gar kein Kabel einpacken. Jedenfalls ist klar, dass das Pixel 4 mit nur 2800 mAh Akku in kürzeren Abständen nach Strom verlangt. Für meinen Alltag, auch wenn ich unterwegs bin, geht das trotzdem klar.
Dennoch geht mir nicht in den Kopf, wie das Pixel 4 um 0,3 mm dicker sein kann und dennoch einen kleineren Akku als sein Vorgänger besitzt. Hier hat Google einen Kritikpunkt komplett verpennt zu beheben und erntet berechtigte sowie wenig überraschende Kritik. Wobei ich mit dem Pixel 4 trotz 90 Hz-Display durchaus eine (sehr) kleine Ecke länger auskomme, was wohl an Optimierungen durch Software und Prozessor liegt. Aber über 3000 statt 2800 mAh, das hätten Nutzer sicherlich positiv gemerkt.
„Zu wenig Speicher“ ist subjektiv
Nicht weniger subjektiv zu betrachten ist der verbaute Datenspeicher, den Google nur mit 64 oder 128 GB anbietet. Immerhin muss man dem Konzern zugutehalten, dass das Pixel 4 mit 64 GB satte 100 Euro günstiger als der Vorgänger in den Handel kam. Jedenfalls ist auch der Speicherbedarf sehr individuell. Auf meinem Pixel 3 sind knapp 62 Prozent der 64 GB belegt und das nach einem Jahr. Ich werde also nicht in Probleme kommen, dass mir der Speicher ausgeht. Aber ich filme auch nicht oft, speichere kaum Musik oder Netflix-Inhalte und habe keine Spiele installiert.
Auf jeden Fall sind 64 GB in einer Preisklasse von über 700 Euro nicht mehr zeitgemäß, auch hier hätte Google einen Kritikpunkt ganz einfach aus der Welt schaffen können. 128 GB und 256 GB, das hätte die Community schon milder gestimmt und mehr Käufer angesprochen. Für Fotos und Co., bleibt nur die Cloud, die dafür einfacher über mehrere Geräte hinweg synchronisiert werden kann und den Umzug aufs nächste Smartphone erleichtert.
Mehr Systemleistung und mehr Display
Google verbaut mit dem Snapdragon 855 die aktuelle Generation der Qualcomm-Prozessoren. Mir ist hierbei ziemlich egal, ob es das kaum bessere Plus-Modell als „neuere“ Alternative gegeben hätte. Außerdem rüstet man den Arbeitsspeicher von 4 auf 6 GB RAM auf, was nicht die Welt ist, aber dringend nötig war. Es macht sich ein deutlicher Sprung zum Pixel 3 bemerkbar. Trotzdem ist Google keiner der Hersteller, die mit 8 – 12 GB RAM auf ihrem Marketingmaterial umherwerfen. Google liefert ein schnelles Android-Smartphone, das zählt für mich unterm Strich.
Schneller fühlt sich das Gerät auch wegen des Displays an. Das sogenannte Smooth Display aktiviert bei Bedarf eine Bildwiederholrate von 90 Hz, wodurch Animationen und Scrolling deutlich flüssiger wirken. Wem das zu wenig ist, aktiviert die Entwickleroptionen und dort das dauerhafte Erzwingen der 90 Hz. Google bestätigte uns außerdem, dass man am Farbprofil gedreht hat. Im Vergleich sind die Unterschiede krass, das Pixel 4-Display ist grundsätzlich viel wärmer kalibriert. Zu Beginn eine merkliche Umstellung, inzwischen kein Thema mehr.
Es ist schnell aber nicht hell
In Verbindung mit dem Display integrierte Google weitere Neuerungen, wie die Aufmerksamkeitserkennung. Für Samsung-Nutzer ein ziemlich alter Hut. Auf Wunsch bleibt das Display solange aktiv, wie der Benutzer aktiv auf das Display schaut. Zudem passt Ambient EQ das Farbprofil des Displays anhand der in der Umgebung herrschenden Beleuchtung an, um euch möglichst immer ein perfektes Bild zu liefern. All das wird nur durch die niedrige Helligkeit des Displays getrübt, die sich gerade im starken Sonnenlicht bemerkbar macht. Hier hinkt Google der Konkurrenz nicht erst seit dem Pixel 4 nach.
Google bietet die beste Kamera
Kommen wir zu einem in meinen Augen schlichtweg positiven Punkt, denn die Kamera des Google Pixel 4 rockt brutal. Es ist erneut ein sichtbares Upgrade zum Vorgänger, wenngleich aufgrund der nahezu unveränderten Hardware die Unterschiede nicht immer sichtbar sind. Grundsätzlich fängt die Kamera aber jede Situation zu jeder Tages und Nachtzeit so phänomenal ein, dass mir gar keine Zeit bleibt über fehlenden Ultra-Weitwinkel zu jammern. Will ich auch nicht. Neu ist hinzugekommen die sogenannte Astrofotografie, mit der wir den Sternenhimmel fotografieren können. Und das klappt verdammt gut!
Tatsächlich habe ich dieses Foto selbst geschossen und im Nachhinein mit Helligkeit sowie Kontrast gespielt. Kann jeder kinderleicht. Für Astrofotografie braucht es aber ein Stativ, außerdem eine möglichst dunkle Umgebung und daher wenig Licht aus dem Hintergrund.
Google Pixel 3 vs Google Pixel 4: Manchmal fast identisch, im Detail doch verschieden.
Des Weiteren können wir live Licht und Schatten besser steuern, was gerade bei Situationen mit starkem Hintergrundlicht ein echter Mehrwert sein kann. Man muss sich nur etwas reinfuchsen. Zudem sehen wir dank Live-HDR nun schon vor dem Auslösen, wie das finale Foto ungefähr aussieht. Früher hatte die HDR-Verarbeitung ein Foto im Nachhinein manchmal so stark bearbeitet, dass es dann ganz anders wirkte. Jetzt sehen wir nahezu das Endergebnis live schon bei der Entstehung. Dafür kommt wohl der neue Neural-Core zum Einsatz.
Google bietet in meinen Augen mal wieder die perfekte Point-and-Shoot-Kamera. Nicht groß nachdenken, einfach Smartphone einschalten und das perfekte Foto schießen. Der zusätzliche Zoom-Sensor kommt bei mir hin und wieder zum Einsatz. Auch hierbei setzt Google den Fokus auf Einfachheit, der Nutzer soll Pinch-to-Zoom benutzen. Daher verzichtet Google auf eine Zoom-Taste in der Kamera-App, wie sie die meisten anderen Hersteller bieten.
An der Vorderseite haben wir zwar die Ultra-Weitwinkel-Kamera einbüßen müssen, doch die jetzige Linse hat die goldene Mitte für uns „im Angebot“. Jedenfalls bietet die Frontkamera mehr Weitwinkel als die Kameras anderer Geräte und das geht klar. Eine sehr gute Bildqualität ist auch hier gegeben, Fotos der Pixel-Smartphones stechen durch ihre Schärfe im Detail hervor.
Motion Sense und andere Neuheiten
Gleich mehrere mehr oder weniger auffällige Neuheiten sind in der neusten Pixel-Generation mit dabei, wobei ich auf einen Teil sogar fast komplett verzichten kann. Optisch nimmt man sofort wahr, dass die Vorderseite anders ist. Ohne Notch und trotzdem mit großer Stirn, denn darin sind neben der Frontkamera neue Sensoren versteckt. Projekt Soli liefert einen Radarchip, der zunächst nur für wenige Apps und Google-Funktionen nutzbar ist.
Motion Sense hat sich für mich nach ein paar Wochen als nahezu völlig überflüssig herausgestellt. Zwar mag das Steuern des Smartphones über Gesten gut gemeint sein, im Alltag findet es dann doch relativ selten Anwendung und funktionierte auch nicht immer zuverlässig. Jedenfalls ist das bei mir der Fall. Nur eine einzige Funktion davon, will ich nicht mehr missen. Und zwar erkennt der Radarchip, wann sich meine Hand dem Smartphone nähert, woraufhin das Display aktiviert wird.
Gute Kombination: Motion Sense und Face Unlock
An diesem Punkt kommt das ebenfalls neue Face Unlock zum Einsatz. Noch nie habe ich eine derart zuverlässige und schnelle Gesichtserkennung in einem Smartphone erlebt. Gepaart mit der Erkennung meiner Hand, entsperrt sich das Pixel 4 extrem schnell und wie von Zauberhand. Für mich eine kombinierte Funktion, die wirklich ein spürbarer Mehrwert in der alltäglichen Handhabung ist.
Google hat auch das Design der Geräte stark überarbeitet. Nicht nur die Vorderseite ist neu, mit etwas größeren Displays, auch Rahmen und Rückseite sind ganz anders. Zurück ist der Panda-Look, auch gerne als Stromtrooper bezeichnet. Google packt in einen schwarzen Rahmen eine mattweiße Rückseite. Und das sieht gut aus, fühlt sich außerdem sehr gut an. Grundsätzlich sorgt die matte Beschichtung dafür, dass sich das neue Pixel in der Hand sehr warm und weich anfühlt.
Ich bin übrigens ein Fan des extrem auffällig gestalteten Kamera-Looks. Mir gefällt dabei das Design vom iPhone 11 Pro sogar noch etwas mehr. Die Geräte wirken damit wieder etwas technischer und das entspricht meinem Geschmack. Im Vergleich sieht das Pixel 3 wesentlich filigraner aus und fühlt sich auch zerbrechlicher an. Weiß ist meine favorisierte Farbe, weil man darauf auch nach langer Zeit Gebrauchsspuren kaum erkennt.
Eine sichtbare aber nicht hörbare Veränderung ist auch bei den Lautsprechern zu finden. Der unter Lautsprecher ist nicht mehr zum Gesicht ausgerichtet, sondern zeigt in die Richtung des USB-Anschlusses. Hörbar ist das nicht, beide Lautsprecher sind sehr gut abstimmt und gehören zu den besseren in erhältlichen Smartphones.
An der Verarbeitung gibt es nur einen Mängel, die Tasten für die Lautstärke sind etwas wackelig.
Google Assistant ist schneller, zumindest in der Theorie
Ein neuer Google Assistant wurde zwar angekündigt, ist für deutsche Nutzer aber erst später verfügbar. Er überzeugt mit schnelleren Abläufen, weil ein großer Teil alltäglicher Sprachbefehle nun direkt auf dem Gerät verarbeitet wird. Damit soll auch die direkte Bedienung von Apps attraktiver werden, doch das bleibt für uns erst mal noch abzuwarten. Ebenso wird eine Aufgabenstellung im Kontext möglich, mehr dazu in unserem gesonderten Artikel.
Fazit: Noch immer so perfekt für mich?
Ich bleibe dabei, auch das Google Pixel 4 passt zu meinen Ansprüchen und daher gut zu mir. Ich bevorzuge eine simple Software, mir reicht eine moderate Akkulaufzeit, doch die beste Kamera darf gerne in meiner Hosentasche sein. Das 90 Hz schnelle Display ist eine sehr willkommene Neuerung, auf die ich seit dem OnePlus 7 Pro nur ungern verzichten wollte. Ich war lange kein Fan von Face Unlock, doch die Google-Variante hat mich komplett umgedreht.
Ein zuletzt wichtiger Faktor ist für mich, dass ich mein Smartphone weiterhin problemlos mit einer einzigen Hand bedienen kann. Zuletzt war mir das mit Google Pixel 3, Samsung Galaxy S10e und jetzt mit dem Pixel 4 möglich. Wobei alle drei Smartphones deshalb nicht automatisch ein „zu kleines“ Display besitzen. Man kann am Preis mäkeln, ich hätte 649 Euro noch wesentlich attraktiver gefunden. Aber wir wissen ja, wie schnell die Google-Smartphones nach Marktstart günstiger zu haben sind.
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