Neu ist der IONIQ 5 auf deutschen Straßen nicht, dennoch drehen sich die Leute nach diesem Fahrzeug regelmäßig um. Besonders dann, wenn man auch noch das mattgraue Modell fährt. Das war mir in den letzten Wochen möglich und dabei konnte ich auf meinen Testfahrten einige Erkenntnisse sammeln. Dabei wusste der IONIQ 5 teilweise zu überraschen. Allerdings bestätigten sich auch Eckpunkte der E-Mobilität, die ich eher als negativ einstufen würde.
Fangen wir gleich damit an? Vor wenigen Tagen habe ich einen Artikel darüber verfasst, dass ich die berühmte Reichweitenangst durchaus verstehen kann. In unserem Alltag kommt der IONIQ 5 mit einem vollen Akku ungefähr 350 km weit, an warmen Tagen und im Ecomodus vielleicht höchstens 400 km. Was mir reichen würde. Auf der Autobahn sieht es bei maximal 130 km/h allerdings schon ganz anders aus. Da schraubte sich der Verbrauch von ungefähr 22 kWh gerne mal auf 30 kWh je 100 Kilometer hoch.
Verbrauchen und laden
Eine Reichweite von höchstens 250 km? Das ist wenig. Zumal die Zwangspausen länger ausfallen und man derzeit auch nicht überall adäquate Schnelllader verfügbar hat. Die außerdem noch funktionieren und frei sein müssen. Zusätzlich spielt es eine Rolle, ob das Fahrzeug in der jeweiligen Situation tatsächlich schnell lädt. Die von Hyundai genannten Maximalwerte habe ich jedenfalls nicht einmal erreichen können. 125 kW waren an den 300 kW fähigen Ladesäulen von EnBW maximal drin, obwohl gerade beim IONIQ 5 gerne die maximal 220 kW beworben werden.
5 Minuten reichen aus, um 100 km nachzuladen. Ist jedenfalls der Werbeslogan des Herstellers. In der Realität habe ich eher 10 bis 15 Minuten benötigt. Das ist immer noch in Ordnung, aber deutlich mehr Zeit. Natürlich sind viele Faktoren entscheidend dafür, dass man mit voller Leistung laden kann. Aber über diese Faktoren kann ich auf der Autobahn freilich nicht nachdenken, wenn ich aufladen muss und gerne zügig weiterfahren will. Das ist ein Manko, das wir aber nicht nur beim IONIQ 5 vorfinden.
Fahrleistungen überzeugen
In unserem Test hatten wir den größten Akku (72,6 kWh) und den bestmöglichen Antrieb (Allrad, 605 nm). Das sorgt beim IONIQ 5 für ordentlichen Schub nach vorne und macht im Alltag jederzeit Spaß. Damit meine ich nicht nur Ampelstarts, sondern auch das Einscheren in freie Lücken, Überholvorgänge und andere alltägliche Dinge sind damit besser zu meistern. Dabei entfaltet sich die Leistung des IONIQ 5 vorrangig in der Magengrube. Angenehm, wenngleich es nicht ganz das Achterbahnlevel eines Teslas erreicht.
Im Sportmodus spricht der IONIQ 5 deutlich besser an und der Tacho leuchtet in roten Akzentfarben:
Am Lenkrad gibt es dafür wie in sportlichen Autos eine Drive Mode-Taste. Außerdem Pedals hinter dem Lenkrad, um jederzeit schnell das Level der Rekuperation einzustellen – bis hin zum One Pedal Driving:
Die breiten 19 Zoll Räder, das Gesamtgewicht des Fahrzeugs und ein ganz ordentliches Fahrwerk versprühen sportliches Feeling. So satt wie der IONIQ 5 optisch dasteht, so fährt er sich nach meinem Empfinden auch. Wobei wir auch hier durchaus vermisst haben, dass man keinerlei Optionen für Lenkrad und Fahrwerk hat, um diese Dinge etwas besser an die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben anzupassen. Hyundai trifft dafür die goldene Mitte sehr gut.
Jeder Geschmack ist sicherlich auch mit dem Innenraum bedient. Weiche Materialien, ein tolles Lenkrad, Sitzbelüftung und andere Feinheiten, das hat mir alles sehr gut gefallen. Hinten kann man die Sitze verschieben, um etwa mehr Platz im Kofferraum zu gewinnen. Am Beifahrersitz gibt es Knöpfe, um diesen von den hinteren Sitzen verstellen zu können. Das wirkt alles recht smart und ordentlich verarbeitet. Frühere Klischees asiatischer Autos sind komplett gewichen.
Außen cool und kantig:
Innen weich und rund:
Hinten und vorne gab es viel Platz für alle Insassen. Auch mit Kindersitz. Man kann sogar die Mittelkonsole nach hinten und vorn verschieben. Es gibt einen Qi-Charger für Telefone, die zahlreichen USB-Anschlüsse sind allerdings alle nur USB-A und nicht USB-C.
Ist nicht so modern, wie er es nach außen ausstrahlt
Wie ich einleitend erwähnte, ist der IONIQ 5 immer noch ein Hingucker. Das äußerst moderne „Pixel-Design“ der Scheinwerfer und anderer Elemente, so würde ich es einfach nennen, sieht schwer nach Zukunft aus. Vor allem im Vergleich zum restlichen Straßenbild. Fortschritt gibt es sonst aber nur wenig. Alles rund ums Lenkrad, die elektrischen Sitze und das Infotainment sind nicht mehr als das, was die meisten seit Jahren bieten.
Einerseits gibt es Spotify und Co. nicht als App direkt auf dem Infotainment. Also muss das Smartphone herhalten. Android Auto? Geht, aber nur per Kabel! Das ist mir für 2022 eindeutig zu rückständig. Dinge wie Live-Wetter oder sogar Sportergebnisse gibt es, aber auch alles nur sehr versteckt. Nicht sonderlich intuitiv. Aber immerhin per Sprache anwählbar. Wenngleich oft genug mit Fehlschlägen.
Infotainment und Klima, teilweise mit Funktionen versteckt in Menüs:
Die Spracheingabe ist wirklich mäßig. Einfachste Spracheingaben für ganze Adressen klappen nicht so richtig. Die Sprachausgabe klingt wie ein Kinderroboter von V Tech. Wir sind von Google Assistant und Amazon Alexa seit einigen Jahren einfach schon eine viel höhere Qualität gewohnt. Und eigentlich wünsche ich mir, dass die Autohersteller enger mit Google und Co. zusammenarbeiten, weil man das Rad nicht jedes Mal neu erfinden sollte.
Apropos Navigation. Puh. Bis zwei Routen verfügbar sind, kann es auch schon mal dauern. Eine automatische Ladeplanung gibt es bis dato nicht. Und auch wenn ich mit 80 Prozent Restakku losfahre, schlägt er bei mir bei der manuellen Auswahl an Ladestationen zunächst die vor, die nur wenige Kilometer im Umkreis sind. Das wirkt sehr rückständig und nicht sonderlich smart. Ist es nicht logisch genug, dass ich mit so viel Akku auf einer 400 km Route nicht nach 20 km an die Ladestation fahre?
Immerhin hat man dank zahlreicher Kameras jederzeit den Durchblick:
Das eigene Fahrzeug gibt es sogar in 3D zu sehen:
Auf Parkplätzen mit eindeutigen Parktaschen und anderen Autos kann der IONIQ 5 sogar selbst einparken. Das hat zweimal gut geklappt, dauert aber seine Zeit. Da könnte sein, dass anderen deutschen Autofahrern die Geduld ausgeht. Letzteres passiert, wenn der IONIQ 5 selbst lenken soll. Kleine Schlenker in der Straßenführung können ausreichen, dass der eher simpel gehaltene Autopilot schnell aussteigt. Das hat keine Sicherheit oder gar Autonomie vermittelt.
Positiv sind mir hingegen das Head-Up-Display und die umfangreiche Smartphone-App aufgefallen. Wobei die Steuerung per Smartphone von Klima, Verriegelung und Co. auch immer Geduld erfordert. Nichts reagiert sofort, sondern dauert 10 bis 30 Sekunden. Dafür hat das alles in unseren Testwochen zuverlässig funktioniert, was wohl immer noch keine Selbstverständlichkeit bei allen Automarken ist.
Fazit zum Hyundai IONIQ 5: Ein tolles Auto, aber…
Betrachtet man den IONIQ 5 bloß als gesamtheitlich als Auto, dann gibt es sehr viel geboten. Viel Qualität innen und außen, viele praktische Funktionen und Wohlfühlfaktor im Innenraum. Und im Mix passt mit dem großen Akku sogar die Reichweite, da muss man einfach grundsätzlich anders als mit Verbrennern planen. Für unsere kleine Familie wäre der IONIQ 5 eine gute Mischung aus Kompaktheit und Platzangebot, ohne dafür auf eine gewisse Hochwertigkeit verzichten zu müssen.
Wo es tatsächlich hakt, ist die Modernität bei den technischen Feinheiten rund um den Fahrersitz. Zwei große Displays machen noch lange kein Auto der Gegenwart. Die Navigation erfüllt überhaupt nicht die Ansprüche eines E-Autos. Funktionen, die nicht mehr als Tasten direkt zu bekommen sind, stecken teilweise unlogisch in Menüs. Und der komfortable Weg, die eine Sprachsteuerung eigentlich sein soll, ist auch noch zu hakelig.
Wisst ihr, was an den kritisierten Punkten gut ist? Hyundai kann einen großen Teil der angesprochenen Kritikpunkte jederzeit per Softwareupdate aus der Welt schaffen. Da stellt sich über die nächsten Monate weiterhin nur die alles entscheidende Frage, ob die verantwortlichen Teams dazu tatsächlich in der Lage sind.
Leider bin ich inzwischen soweit, dass ich kein Auto kaufe, welches Android Auto nicht unterstützt. Seltsam, vor 20 Jahren hätte ich noch gelacht und gesagt, dass die Software doch nicht das Auto bestimmt. Doch, in der heutigen Welt ist es tatsächlich so geworden.
Sprachsteuerung muß bei einem modernen Fahrzeug eigentlich zu 99% perfekt funktionieren. Es gibt halt leider zu viele Sprachen auf der Welt und die Entwickler beherrschen nur wenige davon selbst.
Auch ich wollte mir ursprünglich den IONIQ 5 holen, hab das Auto seinerzeit immer nur von außen gesehen und fand ihn eigentlich ziemlich cool, eben vom Design her anders als andere. Als ich dann bei unseren örtlichen Händler das Auto im „Showroom“ anschauen konnte und den Innenraum sah, war mir schnell klar, ne der ist doch nix für mich! Ich HASSE diese „aufgesetzten“ Instrumenten Tafeln, sieht meiner Meinung nach immer aus wie vergessen und schnell nachträglich eingebaut.
Jetzt wird’s wohl ein SION (wenn’s denn mal soweit ist), im Sommer soll es ja dann immerhin Probefahrten mit dem „Serienfahrzeug“ geben und dann mal weiter schauen.
Und alle „Sono-Motors“ Hater, bzw. die jenigen die sagen der SION wird NIE kommen, ich kann mit meinem Geld machen was ich will, notfalls auch zum Fenster raus werfen! ;-)