Nach den ersten Monaten Google+ konnte man bei Facebook den neuen Konkurrenten eigentlich belächeln, doch inzwischen schießt sich Facebook Monat für Monat immer mehr selbst ins aus. Von einer Plattform mit vielen Infos und wenig Werbung hat sich Facebook zur Werbeplattform mit ein wenigen Infos entwickelt.
Facebook hat ein Imperium aufgebaut, über eine Milliarde Nutzer weltweit besitzt das größte Social Network unserer Welt. Selbstverständlich will man dieses Schwein auch schlachten, denn Facebook ist eine Goldgrube. Doch offenbar scheinen Ideenlosigkeit und Gier bei den Leuten von Facebook zu herrschen, die inzwischen jeder Nutzer deutlich spürt.
Kaum noch Reichweite
Nehmen wir mal unseren Blog, der natürlich auch jeden Artikel zur Facebookseite schiebt. Während wir beispielsweise in einer ganz normalen Woche im Mai 2013 über 2500 Besuche durch Facebook hatten, kamen zur eigentlich besucherstarken 2014er CES-Woche nur 1300 Leute durch Facebook auf unsere Seiten. Während bis November des letzten Jahres bei über 1400 Facebook-Fans neue Beiträge jeweils von mindestens 100 Leuten gesehen wurden, schaffen wir heutzutage im Schnitt nur noch 50 Leute je Beitrag.
Bessere Beispiele? Ich kümmere mich auch im Facebookseiten zweier Restaurants. Im letzten Jahr wurden manuell eingestellte Beiträge mit Text und Bild noch von fast allen Fans der Facebookseiten gesehen. Seit dem letzten Dezember werden neue Beiträge meist nur von 5 – 10 Leuten gesehen.
It’s all about the money
Während Jessie J einst „its not about the money“ trällerte, hat sich bei Facebook dieser Gedanke komplett gewandelt. Wer mehr Reichweite will, der muss bezahlen. Allerdings muss man inzwischen bezahlen, um überhaupt noch Reichweite zu bekommen. Und so geht es nicht mehr nur Fanseiten, sondern auch ganz normalen Nutzern. Neue Beiträge werden nicht allen Freunden angezeigt und gehen meist auch durch die Masse an gesponserten Beiträgen, Werbung, etc. einfach unter.
Wir haben kein Problem damit für ein paar Beiträge Gebühren für Promo zu bezahlen, insofern wir davon positive Resonanz in Form von deutlich steigenden Besucherzahlen bekommen. Meist aber geben wir Geld für das Hervorheben von Beiträgen aus, ohne wirklich mehr Besucher oder Klicks dadurch zu bekommen. Werbung wird durch lauter Werbung nicht mehr wahrgenommen.
Facebook könnte abstürzen
Ich bin kein Analyst und habe Facebook auch nicht näher studiert, bin aber der Meinung, dass ich durch meine Beobachtungen von beiden Seiten zumindest eine für Facebook schlechte Vorahnung für die Zukunft habe. Wird Facebook die Politik der letzten Monate so fortsetzen, kommt irgendwann der Knick und das Netzwerk wird abstürzen. Nutzer gehen, Interaktionen werden noch weniger, Google+ und Co. werden sich freuen.
Google beispielsweise ist groß geworden, weil man Informationen in den Vordergrund stellte und Werbung bis heute klein hält. Facebook hingegen baute sich durch Informationen zwar auf, stellt jetzt aber die Werbung in den Vordergrund. Keine Frage, davon muss Facebook leben, wie wir auch, aber wenn man als Inhaltsersteller quasi keine Reichweite mehr bekommt und als Konsument keine interessanten Beiträge in den News Feed, dann könnte das böse nach hinten losgehen.
Werbung muss umgedacht werden
Facebook packt nicht nur richtig viel Werbung rein, sondern gestaltet deren Auslieferung auch noch ziemlich nervig. Nehmen wir mal die Sponsored Stories. Ein Freund also klickt auf „Gefällt mir“ auf der Fanseite eines Unternehmens, das dafür bezahlt, dass genau diese Interaktion im News Feed der Kontakte der besagten Person angezeigt wird. Der Grundgedanke ist zwar gut, die Umsetzung wiederum schlecht.
Diese bezahlte Interaktion wird beispielsweise in meiner App angezeigt, immer und immer wieder, egal wie oft ich über sie hinwegscrolle. Und genau da ist der Haken. Facebook müsste lernen, ab wann die Einblendung dieser Anzeige keinen Sinn mehr macht, da ich so oder so nicht drauf klicke. Scrolle ich also 5 Mal an der Anzeige einfach vorbei, sollte Facebook diese für mich deaktivieren, da sie mich nur nervt und dem Unternehmen ebenso nichts bringt, denn sie wird einem uninteressierten Nutzer und daher keinem potenziellen Kunden angezeigt.
Diese Art von Werbung erinnert mich so ein wenig an die typischen Plakate in einer Stadt. Die hängen da stur rum, egal ob sie mich interessieren oder nicht. Facebook hat allerdings technisch andere Möglichkeiten, nutzt sie aber nicht oder falsch.
Meine Liebe zu Facebook wird strapaziert
Es gibt gute Gründe, warum ich persönlich soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook sehr stark nutze. Denn ich sitze am Tag mindestens 10 Stunden vorm Rechner, im Home-Office, sodass keine Leute um mich herum sind. Die typischen sozialen Interaktionen, die man in der Berufswelt sonst eigentlich täglich hat, sind bei mir einfach nicht vorhanden. Deshalb poste und lese ich viel im Netz, da ich darüber ganz gut erfahren kann, was bei meinen Leuten aktuell so los ist. Es ist eine willkommene Abwechslung zur trockenen Tech-Welt, in der ich täglich unterwegs bin. Doch Facebook tut in den letzten Monaten und Jahren alles dafür meine Liebe aufs Spiel zu setzen.
Es gibt inzwischen schon Tage, an denen ich nichts auf Facebook poste. Was echt blöd klingt, ist die traurige Wahrheit, denn ich bin durchaus ein „heavy user“ des Zuckerberg-Netzwerks gewesen.
Es gibt noch keine Alternative
Man könnte ja jetzt sagen, dass ich doch einfach mit meinen Freunden über WhatsApp und Co. schreiben soll, doch dafür fehlt mir einfach die Zeit. Es ist mir einfach nicht möglich mit 10 Leuten täglich zu schreiben, weshalb ich bevorzuge, zumindest einen großen Teil des Lebens meiner Freunde in einem Netzwerk quasi abrufen zu können, wenn freie Minuten vorhanden sind.
Und genau da fehlt mir ein Ausblick in die Zukunft, denn Google+ und Co. sind keine Alternative, da nur ein sehr geringer Teil meiner Freunde dort angemeldet bzw. überhaupt aktiv ist. Klar, die Geeks und Nerds finde ich dort alle, doch ich möchte ja nicht ausschließlich mit den Leuten aus meiner beruflichen Welt kommunizieren.
Früher gings natürlich auch ohne Internet, doch da habe ich nicht 12 Stunden oder mehr am Tag gearbeitet, sondern war spätestens 13 Uhr aus der Schule raus und hatte Zeit ohne Ende.
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