In den Ländern ist es nicht nötig, den Datenverkehr beliebter Dienste einzuschränken. Das hört man aus Deutschland und auch von den Nachbarn aus Österreich. Dennoch haben Netflix, YouTube und andere Streamingdienste werbewirksam verkündet, den durch ihre Internetdienste entstehenden Datenverkehr ein wenig komprimieren zu wollen. Man hört verschiedene Zahlen in den letzten Tagen. Netflix will den Traffic um ca. 25 % absenken können, um die Infrastruktur der besonders stark von der Corona-Krise betroffenen Länder in den nächsten Wochen weniger zu belasten. EU-Politiker wollen das angestoßen haben, doch dahinter steckt wohl ein großer Schwindel für gute PR.
Aktionismus sorgt für gute Presse, ist aber nicht effektiv
Kritik hört man nun von vielen Seiten. Zum einen sind solche Maßnahme aus technischer Sicht gleich mehrfach gar nicht notwendig. Sie klingen also erst einmal gut, sind aber eher nutzlos und schlicht nicht effektiv. Netzbetreiber und andere Bestandteile der Infrastruktur haben Puffer und rüsten zeitnah auf, sollte der Datenverkehr weiterhin ansteigen. Fefe zum Beispiel kritisiert EU und Internetdienste gleichermaßen für ihren Aktionismus. Das hängt laut dem IT-Experten damit zusammen, dass etwa die Netflix-Server nicht irgendwo in Amerika stehen, sondern direkt bei eurem Internet Service Provider. Knotenpunkte wie der in Frankfurt, die überlastet werden könnten, sind somit sogar außen vor.
Netflix beschreibt das eigene Angebot zur Zusammenarbeit mit ISP selbst so: „Zu diesem Zweck wird der Netflix-Datenverkehr lokalisiert und das über Transitanbieter bereitgestellte Übertragungsvolumen minimiert.“
ISP und Endgeräte regulieren sich selbst
Außerdem: Führt die verstärkte Netflix-Nutzung zur Überlastung, senkt das automatisch die Qualität des Streams beim Endkunden ab. Für Endgeräte heißt es, dass direkt das Netz des Providers überlastet ist. Wenn weniger geht, nimmt sich das Endgerät automatisch weniger. Zweitens regeln die ISP ihren Datenverkehr automatisch, können daher Netflix und Co. selbst den Saft abdrehen und wichtige Anlaufstellen wie öffentlich-rechtliche Medien die verfügbaren Ressourcen überlassen. Traffic Shaping.
Eigentlich macht das jeder Endkunden-Router ähnlich. Er verteilt die verfügbaren Ressourcen mehr oder weniger schlau, zum Beispiel zwischen Upload und Download, auf.
„Traffic Shaping ist ganz normal. Geht mal davon aus, dass euer Internet auch Traffic Shaping macht. Und zwar nicht nur euer ISP, auch euer Plasterouter. Denn wenn der Plasterouter das nicht machen würde, dann würde bei euch bei jedem Upload gar nichts mehr gehen. Verbindungen sind im Internet paketbasiert. Wenn du was downloadest, schickt dir die Gegenseite immer ein großes Paket mit dem nächsten Datenhappen, und dann schickst du der Gegenseite ein kleines „ist angekommen“-Paket. Ohne Traffic Shaping würde ein Upload euer Internet komplett zum Erliegen bringen, weil die kleinen „ist angekommen“-Pakete nicht mehr oder nur stark verspätet rausgehen würden. Daher machen alle Plasterouter Traffic Shaping und priorisieren die „ist angekommen“-Pakete.“
Wenn überhaupt ein Problem besteht, liegt der Hase woanders im Pfeffer:
„Ich finde jedenfalls, wenn die ISPs ihr Netz so unter-ausgebaut haben, dass sie in Zeiten eines Lockdowns die Downloads nicht in angemessener Zeit befriedigen können, dann ist es Zeit, dass die Bundesnetzagentur mal schmerzhafte Strafen auslobt. Denn das heißt, dass die auch an normalen Abenden nicht in der Lage sind, die Nachfrage zu befriedigen. Das hätten die Regulierungsbehörden nie hinnehmen dürfen, insbesondere wenn die ISPs dann landesweit Werbung für Gigabit-Zugänge schalten, wenn sie noch nicht mal für die 100 MBit-Zugänge genug Kapazität haben.“
Ein ausführliches Interview in einfachen Worten zu diesem Thema findet ihr hier.
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