So richtig in der Mitte der Gesellschaft sind Emojis ja erst vor ein paar Jahren angekommen, doch die Ursprünge liegen Jahrzehnte zurück. Jetzt geht es zwar nur um zwei Jahre, die das erste Emoji-Set älter sein soll als das, das bis jetzt dafür die Credits bekommen hat – interessant sind die Umstände dennoch.
Auf die Frage, wer die ersten Emojis designt hat, gab es eigentlich eine eindeutige Antwort: Shigetaka Kurita von Docomo. Steht sogar auf seiner Wikipedia-Seite:
In 1999, while he was working as a designer for mobile phone operator NTT DoCoMo and their upcoming mobile system i-mode, Kurita designed a set of 176 emojis using grid of 12×12 pixels that eventually started a global trend in the use of pictograms to communicate ideas through text messages.
Geschichte wird neu geschrieben
Das entspricht aber anscheinend nicht der Wahrheit. Tatsächlich soll das erste Set nicht von Docomo, sondern von Softbank stammen. Die hießen 1997 noch J-Phone und haben auf dem SkyWalker DP-211SW 90 verschiedene Emoji-Charaktere veröffentlicht. Sogar inklusive dem eindeutigen Vorgänger des legendären 💩, der in Kuritas Set von 1999 (verständlicherweise?) fehlt.
Unless or until we find evidence that Docomo had an emoji set available prior to this release, we hereby issue a correction that the original emoji set is from SoftBank in Japan in 1997, with designer/s unknown.
Kurita selbst hat Anfang des Jahres einen entsprechenden Tweet mit einem Hinweis auf das DP-211SW abgesetzt, sonst aber offenbar nicht viel dafür getan, die Welt über den Sachverhalt aufzuklären. Mein Emoji-Verzeichnis der Wahl Emojipedia hat in einem Blog-Eintrag angekündigt, nun offiziell die Geschichtsbücher umzuschreiben und die Krone für die Ur-Emojis an Softbank zu reichen.
J-Phone 12×12 Dec 1997 Emoji Set #DP194 pic.twitter.com/Wc0ldsHt8b
— ⇠ CB ⇢ (@vXBaKeRXv) February 21, 2019
Woran hat’s gelegen?
Das Archiv stellt sich auch zu recht die Frage: Wie konnte das passieren? Emojipedia versucht, darauf Antworten zu finden. Im Verhältnis zur Geschichte des Internets (das WWW wurde kürzlich 30) ist das schon echt eine ganze Weile her. Damals waren die Dokumentationen noch nicht recht digitalisiert. Tatsächlich stammen die Informationen über das ältere Set aus einem Handbuch.
Eine gute Emoji-Geschichte
Die andere Erklärung ist, dass es einfach eine gute Geschichte war, wie man sie sich bis jetzt über die Entstehung des Emojis erzählt hat. Es ist einfacher, auf eine Person wie Shigetaka Kurita zu zeigen, als ein undurchsichtiges Netzwerk an verschiedenen Entwicklern und Designern zu durchforsten.
Lastly, there’s the issue of simplicity and narrative. People love a simple answer to a complex question, and pointing to one person – Shigetaka Kurita — who “created emoji” is simpler than referencing an evolution of obscure phone models with uncredited designers and engineers.
Und dass es bis jetzt niemandem aufgefallen wäre, ist auch nicht hundertpro korrekt. 2016 hat Mariko Kosaka schließlich schon in einem Talk darauf aufmerksam gemacht, aber was soll man sagen – 570 Klicks – um die Welt gegangen ist das nicht.
Glück im Unglück
Zwar hatte Softbank zeitmäßig die Nase ein bisschen vorn, dafür war der Service ziemlich eingeschränkt. Nur zwischen gleichen Geräten des Herstellers ließ sich die neuartige Technik nutzen. Docomo nutzte zwei Jahre das sogenannte i-mode, einer frühen Entwicklungsstufe des Internets in Japan. Das half der Verbreitung ihrer Emoji-Version enorm.
„i-mode, einer frühen Entwicklungsstufe des Internets in Japan“ ist wohl so nicht ganz richtig…