beyerdynamic Amiron wireless im Test: Audio wie im Studio

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Die beyerdynamic Amiron wireless sind Studio-Kopfhörer für die smarte Generation: Die jahrelange Audio-Erfahrung der Experten von beyerdynamic flossen in den Kopfhörer, der per Bluetooth und mit eigener App mit Smartphone, Laptop und Co. verbunden werden kann. Was wirklich gut funktioniert und wo beyerdynamic noch einmal nachbessern sollte, erfahrt ihr hier im Test.

Folgender Beitrag ist von unserem Gastautor Mika Baumeister, der für diesen Testbericht die „beyerdynamic Amiron wireless“ als Leihgabe vom Hersteller erhielt.

Amiron Wireless: Das kann der Kopfhörer

Die Drahtlos-Ausgabe des Beyerdynamic-Kopfhörers ist eigentlich ein optimierter Amiron Home-Kopfhörer: Der Bügel wurde eins zu eins übernommen, die Treiber ähneln sich ebenfalls. Aber: Statt per Kabel lässt sich der Ton nun über Bluetooth übertragen. Die zwei Kabel des Amiron Home fallen also weg – dafür ist der Amiron Wireless nun etwas schwerer, er muss sowohl Akku als auch Funktechnik unterbringen.

Beyerdynamic vermarktet den Amiron mit einer geschlossenen Bauweise, die eine hohe Außengeräusch-Dämpfung verspricht. Der Kopfhörer ist extra auf Mobilgeräte optimiert, was man unter anderem an der mit 32 Ohm vergleichsweise niedrigen Impendanz für Studiokopfhörer erkennt. Der Klang wird als räumlich und realistisch beschrieben, dazu gibt es tiefe und präzise Bässe mit natürlichen Mitten und seidig-klaren Höhen. Aber was davon stimmt? Wollen wir doch zuerst auf den wichtigsten Punkt zu sprechen kommen: Den Sound.

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Klang: Der Amiron wireless bleibt neutral

Ich muss zugeben: Eigentlich bin ich ein Freund von basslastige(re)n Kopfhörern oder Anlagen. Bei elektronischer Musik und Hip-Hop, meinen beiden Haut-Genres, ist die Bassline immerhin ein wichtiges Kennzeichen der Musik.

Dementsprechend verwirrt war ich, als ich die Amiron wireless zum ersten Mal ausprobierte: Irgendwas fehlte im unteren Bereich. Die Kopfhörer sind im Klang neutraler als meine Heimlautsprecher oder die Sony WH-1000XM2, die ich unterwegs dabei habe. Das heißt, der Bass ist zwar vorhanden, aber nicht so betont wie bei anderen Kopfhörern. Ohne Mess-Mikrofone und eine zusätzliche audiophile Meinung kann man die Qualität vielleicht so einschätzen: Die Amiron wireless geben Musik genauso wieder, wie sie ursprünglich aufgenommen wurde. Auf künstliche Klangverbesserung wird im Grundpaket erst einmal verzichtet. Die Tiefen sind für Personen, die In-Ear-Kopfhörer nutzen oder eher elektronische Musik hören, vielleicht ein wenig schwach – aber wer eher ein flaches Klangbild bevorzugt, kann hier glücklich werden. Die Lautstärke reicht sowohl über Klinke-Kabel als auch Bluetooth völlig aus, selbst bei hohen Lautstärken verzerren die Kopfhörer nicht.

Gut, dass es ja noch die Möglichkeit gibt, den Sound in der App dem eigenen Gehör entsprechend anzupassen – doch dazu gleich mehr.

Bluetooth: Verlustlose Audioübertragung an Bord

Wie könnte es anders sein: Natürlich ist der Amiron-Kopfhörer mit verlustfreien Audio-Codecs ausgestattet, sodass die Soundqualität nicht auf dem Funkweg durch Kompression verschlechtert wird. Mit an Bord ist der Übertragungsstandard aptX sowie aptX LL und aptX HD. Die Technik dahinter wurde vor vielen Jahren entwickelt und gehört inzwischen Qualcomm.

Die drei Codecs funktionieren gleich, übertragen aber unterschiedlich viele Daten: aptX überträgt 48 kHz bei 16 Bit Abtastrate, was in etwa CD-Qualität entspricht. Mit aptX HD steigt die Abtastrate auf 24 Bit, was selbst für FLAC-Dateien (verlustfreie Audios) ausreichen sollte. Die Abkürzung LL steht für Low Latency und wurde entwickelt, um etwa bei Spielen keine zu große Verzögerung zwischen Aktion und zugehörigem Ton zu haben. Dafür sinkt die Datenrate.

Da neben dem Kopfhörer auch das Smartphone / der Laptop aptX unterstützen muss, um den Standard zu nutzen, hat Beyerdynamic mit den Standard-Audio-Codecs ein Fallback auf AAC bzw. SBC eingebaut. Diese funken weniger qualitativ hochwertig, stellen aber zumindest die Funktion mit älteren Handys sicher.

Im Gegensatz zu Sony kann der beyerdynamic-Kopfhörer sich per Bluetooth auch mit zwei Geräten gleichzeitig verbinden. Das ist besonders praktisch, wenn man gleichzeitig Laptop und Smartphone nutzt: Auf dem Laptop schnell ein Youtube-Video ansehen, dann auf Spotify am Mobilgerät wechseln und schnell ein Telefonat annehmen – alles gar kein Problem.

Funktioniert auch verkabelt

Kaum jemand wird sich die beyerdynamic Amiron wireless zulegen, ohne Bluetooth nutzen zu wollen. Vielleicht ist auch einfach der Akku der Amiron leer. Deswegen gibt es die Möglichkeit, die Kopfhörer per normalem Klinken-Kabel an den Verstärker der Wahl anzuschließen. Das Kabel ist mit 1,80 Metern ausreichend lang und hat Multimedia-Tasten integriert, um die Musik zu steuern und Gespräche zu führen.

Die Soundqualität zwischen Bluetooth und Klinke unterscheidet sich übrigens – je nach verwendetem Funkstandard und Endgerät – leicht, da die internen Digital-Analog-Konverter nicht genutzt werden und die Klangoptimierung nicht greift. Über diesen Trick lassen sich mit dem Amiron wireless übrigens auch eigene Equalizer nutzen, um den Bass etwas mehr zu kitzeln.

Tragekomfort: Der bequemste Kopfhörer, den ich je genutzt habe

Während ich diesen Test schreibe, habe ich die Amiron schon seit einigen Stunden auf. Und es ist immer wieder bemerkenswert, wie wenig ich überhaupt realisiere, dass ich die ganze Zeit Kopfhörer trage. Schon so einige Modelle haben mich um den Verstand gebracht, weil der Anpressdruck einfach zu hoch war oder an einer bestimmten Stelle zu sehr auf den Schädel / die Ohren gedrückt hat. Dieses Gefühl kenne ich vom beyerdynamic-Kopfhörer gar nicht. Das Ohrpolster umschließt das ganze Ohr ohne Probleme und liegt sehr bequem auf. Auch der Kopfbügel ist mit Alcantara versehen. Das Polster zwischen Schädel und Metallbügel ist fast einen Zentimeter dick und sehr weich, so findet der Kopfhörer die richtige Position fast von selbst.

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Dafür gibt es allerdings auch zwei Einschränkungen: Der niedrige Anpressdruck reicht völlig aus, den Kopfhörer in der normalen Sitzposition oder bei einfachen Bewegungen auf dem Kopf zu halten. Sobald man sich aber nach vorne lehnt, um beispielsweise etwas aufzuheben, rutscht der ganze Apparat fast vom Kopf – der Bügel hängt an der Stirn, die Ohrmuscheln klammern sich an den Ohren fest.

Zum anderen beschreibt beyerdynamics die Polster zwar als geschlossen mit “hoher Außengeräuschdämpfung”, wirklich viel gedämpft wird aber nichts. Ich wohne an einer Straße mit vielen Fußgängern. Und obwohl ich im dritten Stock wohne, könnte ich die Gespräche zum Teil ohne aktivierte Musik problemlos mithören. Also: In “lauten” Umgebungen sind die Amiron wireless leider eher weniger zu gebrauchen. Die Wahl sollte in solchen Situationen auf einen Kopfhörer fallen, der wahlweise auf dickeres Kunstleder zur Abschottung von der Außenwelt setzt oder gar mit aktivem Noise Cancelling daher kommt. Apropos Noise Cancelling: Es wäre echt schön gewesen, NC-Funktionen nutzen zu können. Andererseits sind die Kopfhörer ja auch explizit für ruhige Umgebungen ohne Störgeräusche gedacht.

Und dann ist da noch die App… beyerdynamic MIY

Es gibt Companion-Apps, mit denen kann man richtig was anfangen. Bei Sonys besseren Kopfhörern lassen sich Klangprofile auswählen, der Audio-Codec selbstständig verstellen, die Richtung, aus der der Sound kommt, einstellen, Noise Cancelling optimieren und Software-Updates durchführen. Und dann gibt es die beyerdynamic-App mit dem Namen MIY – das steht für Make It Yours. Sie kann ein eigenes Klangprofil erstellen, eine unnütze Hörstatistik anzeigen, die Gesten für die touch-sensitive Seite erklären die aktuelle Softwareversion anzeigen. Mehr nicht. Software-Updates? Per USB-Kabel am Computer mit dem beyerdynamic Update Hub. Audio-Codec? Entweder, das verbundene Gerät unterstützt aptX HD oder eben nicht. Selbst einen Fokus auf Klangqualität vs. Übertragungsstabilität setzen? Nee nee, durch die Verbindungsabbrüche muss man durch. Eigene Equalizer? Denkste! Aber kommen wir zur Klangoptimierung – die ist immerhin integriert.

Amiron Wireless App Screenshots

[appbox googleplay com.beyerdynamic.android]

Künstliche Audioverbesserung mit personalisiertem Hörtest

Beyerdynamic greift in der App auf die “Mosayc”-Software zurück. Das Programm führt einen persönlichen Hörtest durch, um zu erkennen, wie fit das eigene Gehör ist und bei welchen Frequenzen der Kopfhörer für ein möglichst gutes Hörerlebnis lauter werden sollte. Auf der Website wird die Funktion so beschrieben: “Mit der individuellen Klang-Personalisierung werden die fehlenden Steine des Mosaiks wieder aufgefüllt. So kannst du das gesamte Klangbild wieder in seiner vollen Farbpracht genießen.”

Im Rahmen des Tests werden beide Ohren für etwa fünf Minuten getestet. Die Durchführung ist dabei denkbar einfach: Zuerst hört das linke Auge immer wieder kleine Tonschnipsel. Sobald man den Ton hört, drückt man in der App auf den großen orangenen Knopf “Ich höre den Ton!”, sobald es zu leise wird, wird der Knopf losgelassen.

Es hätte so gut sein können

Das fertig erstellte Soundprofil wird dann auf die Kopfhörer hochgeladen. Anschließend steht die Klangoptimierung bereit. Und tatsächlich, es hört sich mit aktivierter Optimierung besser an. Was genau beyerdynamic mit dem Ton macht, erfährt man leider nicht – so hat das Ganze leider einen leichten Eindruck von Snake Oil.

Wenn beyerdynamic schon einen so umfangreichen Test anstellt, dürfte man sich doch auch über einen kleinen Eindruck freuen, in welchem Bereich das eigene Gehör etwas schwächer ist und der Kopfhörer Frequenzen hervorhebt. Das wäre fair und würde zumindest ein bisschen erklären, was genau die Software im Hintergrund macht.

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Und wo wir schon bei Klangverbesserungen sind: Warum gibt es hier bitte keinen Equalizer? Offensichtlich ist es ja möglich, den Ton unabhängig vom verwendeten Bluetooth-Codec mit der Mosayc-Software zu ändern. Und bei Profi-Kopfhörern sollte man selbst bestimmen können, wie der Ton letzten Endes im Ohr ankommt. Ich wünsche mir einfach nur ein paar dB mehr im Bass-Bereich, ansonsten bin ich doch zufrieden. Also: Implementiert diese Funktion schnell ein! Auch die Nutzer eurer anderen Bluetooth-Kopfhörer werden es euch danken.

An die App darf beyerdynamic definitiv noch einmal dran. Es ist so schade: Mit den Amiron wireless hat beyerdynamic ein wirklich erstklassiges Produkt. Durch die nicht völlig durchdachte MIY-Anwendung verliert der Kopfhörer aber so einiges an Potenzial. Zur Erinnerung: Die App Sony Wireless Connect erlaubt mir, deutlich mehr auf meinen persönlichen Hörgeschmack anzupassen – und das bei Kopfhörern, die “nur” die Hälfte kosten.

Qualität: So hochwertig, wie es sein sollte

Tragekomfort ist ja nicht zwingend gleich Qualität, deswegen noch ein längerer Absatz zur Verarbeitung des Kopfhörers: In Sachen Materialien und Verarbeitungsqualität kann ich beyerdynamic keine Vorwürfe machen. Die Amiron wireless sind mit dem Alcantara-Überzug sehr gut anzufassen. Die Ohrmuscheln bestehen aus Metall statt Plastik, der Bügel aus Aluminium sieht so aus, als würde er jahrelang überleben.

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Zwar nur ein kleiner Indikator für die Wertigkeit des Produktes, aber: Hier wurde mit Absicht USB Typ C verbaut. Damit ist der Kopfhörer zukunftssicher. Sind wir mal ehrlich, Micro-USB als Anschluss hat langsam ausgedient und wird derzeit nur noch bei Billig-Produkten in der breiten Masse verbaut. Deswegen war Typ C auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Gut, Quick Charge unterstützen die Amiron wireless nicht, aber das ist bei einer Akkulaufzeit von bis zu 30 Stunden auch nicht nötig.

Die 30 Stunden Akkulaufzeit sind tatsächlich nicht zu hoch gepokert: Der Kopfhörer kann quasi eine Ewigkeit genutzt werden, bevor er an den Ladestecker muss. Ist der Akkustand zu niedrig, wird der Nutzer durch einen kleinen Signalton benachrichtigt. Das ist beim Musikgenuss leicht störend, aber besser, als würden sich die Amiron einfach ausschalten.

Zu den Kopfhörern gibt es ein hochwertiges Case direkt dazu. Die Verpackung ist wirklich groß, denn die Amiron wireless lassen sich nicht zusammenklappen. Die harte Schale garantiert, dass mit den Kopfhörern definitiv nichts passiert. In einem kleinen Seitenfach lassen sich Ladekabel und Klinkenkabel problemlos verstauen.

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Wenn ich aber ehrlich bin, muss ich bei einer Kleinigkeit noch meckern: Der An-Aus-Knopf hat eine fürchterliche Haptik. Bei Kopfhörern jenseits der 500 Euro erwarte ich, dass auch hier ein Auge drauf gerichtet wird. Der Knopf ist aus einem durchsichtigen Stück Plastik, welches leider keinen guten Druckpunkt besitzt. Das gesamte Design des Kopfhörers ist durchdacht, aber bei diesem Knopf fehlte beyerdynamics wohl der Elan, etwas Hochwertigeres zu entwickeln – sei es ein Knopf aus Metall, der das Design widerspiegelt, vielleicht aber auch einfach ein angenehmerer Druckpunkt. Ich weiß, ziemlich spitzfindig, aber zum Glück benötigt man den Knopf eh nur zum An- und Ausschalten.

Dafür gibt es für die Bedienung über das Touchpad auf der rechten Seite wieder Pluspunkte. Mit der großen Fläche lassen sich Lieder überspringen und zurückspulen, die Lautstärke verändern und Anrufe entgegennehmen. Das klappt problemlos und ohne große Verzögerungen. Theoretisch lässt sich in der App noch die Berührungsempfindlichkeit des Bedienfeldes einstellen, praktisch ist das aber nicht nötig.

beyerdynamic Amiron wireless Testbericht

Technische Spezifikationen

  • Bezeichnung: Beyerdynamic Amiron wireless
  • Gewicht: 380 Gramm
  • Design: geschlossener Over-Ear-Kopfhörer, Alcantara-Hörmuschel und -Bügel
  • Impendanz: 32 Ohm
  • Frequenzbereich: 5-40.000 Hz (Hörbarer Bereich: 20-~18.000 Hz)
  • Kommunikation: Bluetooth 4.2
  • Audio-Codecs: aptX, aptX LL, aptX HD, AAC, SBC
  • Akku: 1050 mAh, ca. 30 Stunden

Fazit

Vielleicht bin ich als Tester dieses beyerdynamic-Kopfhörers einfach nicht der richtige gewesen: Statt aus der Perspektive eines audiophilen Nutzers vergleiche ich den Kopfhörer mit dem, was in Sachen Software bei anderen Modellen jetzt schon möglich ist und den Funktionsumfang enorm erweitert. Ganz klar: Der Tragekomfort ist kaum zu übertreffen und die Klangqualität ist wirklich gut, solange man kein Dubstep-Fan ist.

Aber: für derzeit 615 Euro (UVP: aktuell 649 Euro) hätte beyerdynamic in Sachen Software noch einiges mehr liefern können. Zum Glück ist das etwas, was man im Nachhinein noch nachliefern könnte und wahrscheinlich wirklich alle Wireless-Nutzer freuen würde.

Wer auf der Suche nach einem richtig guten Kopfhörer ist, der auch drahtlos funktioniert, ist mit dem beyerdynamic Amiron wireless prinzipiell gut aufgehoben. Wenn ihr aber bereits Kopfhörer in der Hand hattet, die eine völlige Sound-Anpassung, vielleicht Noise Cancelling und Support für Google Assistant etc. mitbringt, fühlt ihr euch technisch auf jeden Fall etwas zurück versetzt.

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