Nach einem ersten Testbericht zum Lenovo Moto Z folgt nun von einem weiteren Autor der zweite Test zum aktuellen Flaggschiff-Smartphones aus China. Schon noch etwas komisch, Motorola ist längst nicht mehr eine amerikanische Marke, sondern inzwischen unter dem Dach des chinesischen Lenovo-Konzerns. Hat sich deshalb aber bereits jetzt etwas verändert? Zumindest mit Blick auf das Flaggschiff-Smartphone muss man das verneinen, Motorola fällt weiterhin mit Besonderheiten auf.
Das erste Moto X war vielleicht noch ohne Besonderheiten ausgekommen, doch mit dem zweiten Moto X wurde relativ schnell nachgelegt und man führte den sogenannten Moto Maker ein. Gehäuserückseiten aus Holz und Leder wurden angeboten, das war schon ziemlich cool. Im Jahr darauf teilte man die X-Serie dann in drei Geräte auf, das X Play hatte Mittelklasse-Hardware und einen riesigen Akku, das X Style ein hübsches, dünnes Gehäuse und aktuelle Top-Hardware, während das X Force die Top-Hardware mit dem Akku des Play kombinierte.
Z statt X, ein Neuanfang
Ähnlich dieses Jahr, nur gab es nun unter der Führung von Lenovo einen Wechsel auf die Moto Z-Serie. Die Struktur der Geräte bleibt die gleiche, das Design hingegen ist auffälliger und alle drei Z-Smartphones sind über Module erweiterbar. Allein das normale Moto Z hat zwei Besonderheiten, denn neben dem extrem schlanken Gehäuse gibt es eben diese optionalen Module, die man einfach an die Rückseite pappt. Kinderleicht, kein Gebastel ist nötig und direkt von Beginn an werden sinnvolle Erweiterungen, sogenannte Moto Mods angeboten.
Konnte mich die X-Serie der letzten beiden Jahre nicht mehr unbedingt reizen, hatte es mir das Moto Z recht schnell angetan und ein extrem attraktiver Deal (470 statt 600+ Euro) ein paar Wochen vor diesem Test „zwang“ mich dann zum Kauf. Ein Jahr mit dem Nexus 5X war ohnehin genug, es sollte ein neues und auch schnelleres Smartphone her.
Hardware, Akku, Gehäuse
Gemischte Gefühle hinterlässt das Datenblatt des Moto Z, denn unter dem wahnsinnig schlanken Gehäuse muss natürlich der Akku leiden. Bei einem 5,5″ QHD AMOLED Display mag der Akku mit seinen 2600 mAh lächerlich klein wirken, was er in der Realität nicht immer tut, im Vergleich mit anderen Geräten aus dieser Preisklasse aber definitiv. Es kommt auf die Nutzung an, wie eben bei jedem anderen Gerät auch. Als Bürohengst komme ich mit dem Moto Z locker über den kompletten Tag (24 h) und selbst an Tagen mit Auswärtsterminen schaffe ich es über den Tag.
Akku
Am Ende des Akkus stehen immer nur um die 3 h SOT (noch mit Android 6) und das hinterlässt durchaus Spuren der Enttäuschung. Aber wie schon gesagt, für mich ist es im Vergleich zu anderen Geräten nur anders, weil ich nun täglich an die Steckdose muss und nicht nur alle zwei Tage. Hardcore-Nutzer könnte ein Ende des Akkus allerdings schon vor dem Feierabend ereilen.
Ab Android 7: Deutlich spürbar ist das längere Durchhaltevermögen mit dem neuen Doze-Mode ab Android Nougat, teilweise schaffe ich sogar locker einen halben Tag mehr als zuvor, auch konnte man zumindest gefühlt noch eine Ecke mehr bei der SOT rausholen.
Gehäuse
Beeindruckend hingegen ist das Gehäuse, wofür der ein oder andere gern auf einen fetten Akku verzichten mag. Nur 5,2 mm hat das Metallgehäuse in der Tiefe, das fühlt sich von Tag zu Tag beeindruckend an. Andererseits liegt das Moto Z nicht so supergut in der Hand, das Gehäuse ist vor allem an der Rückseite „kantig“, während vorn der Übergang dank des ganz leicht gebogenen Glases an den Fingern sehr weich wirkt. Das dünne Gehäuse hinterlässt auch manchmal das Gefühl, man hätte das Smartphone nicht richtig in der Hand. Komisch, irgendwie.
Optisch ist das Moto Z dafür wiederum ein Hingucker, es fällt auf und hat eine unfassbar sexy Rückseite. Von vorn ist das weiße Modell so mittelmäßig, die Sensoren fallen optisch sehr ins Gewicht und der Fingerabdrucksensor bleibt ein hässliches Entlein. Was die Verarbeitung anbelangt, scheint es keinerlei Mängel zu geben – erste Sahne! (einen Haken gibt es aber bei den Moto Mods, später mehr dazu)
Ein kleines Detail mag vielen gar nicht auffallen, denn auch das Moto Z kann man nicht direkt auf dem Display ablegen. Das Display ist geschützt, weil Lautsprecher und Fingerabdrucksensor etwas über die Frontseite hinausstehen. Dieses Detail gab es schon in den letzten Jahren bei diversen Moto-Geräten.
Datenblatt
Nun noch schnell zur verbauten Hardware, die es abseits des bereits erwähnten Displays gibt. Für den Antrieb setzt Lenovo auf einen Snapdragon 820 samt 4 GB RAM Arbeitsspeicher, der verbaute Datenspeicher hat 32 GB und ist erweiterbar, die rückseitige Kamera hat OIS, eine f/1.8 Blende und löst mit 13 MP auf, die Frontkamera schießt mit 5 MP (1,4 um) um sich und auf NFC, LTE, WiFi ac / 5 GHz, Bluetooth 4.1 LE, Quick Charge, 4K und Frontlautsprecher muss man nicht verzichten.
Display, Sound, Kamera
Wer sich für ein 600 Euro Smartphone entscheidet, erwartet natürlich ein hervorragendes Display, eine sehr gute Kamera und möglichst auch noch knackigen Sound. Zumindest beim Display kann das Moto Z mithalten, das verbaute AMOLED macht auf mich einen starken Eindruck, die Darstellung von Weiß wirkt sehr rein, die Farben sind satt aber nicht unbedingt übersättigt, die Darstellungsqualität insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Keinerlei Kritikpunkte meinerseits. Ganz im Gegenteil, das Panel des Moto Z reicht sogar für die nachträgliche Daydream-Zertifizierung aus!
Sound
Motorola verbaut zwar Frontlautsprecher, doch da ist eben auch schon das erste Problem, denn man verbaut eben nur einen einzigen Lautsprecher. Freude kommt da wie bei vielen anderen Geräten kaum auf, der Sound kommt im Querformat nur aus einer Richtung, was mich persönlich irgendwie nervt. An Lautstärke fehlt es dem Lautsprecher auch, wobei man Smartphones* in der Regel wohl sowieso kaum voll aufdreht. Bass? Nö. Dafür ist der Sound recht klar, das Klangbild aber zwangsläufig von hohen Tönen dominiert.
Kamera
Zurecht ist die verbaute Kamera ein Kritikpunkt in vielen Testberichten zum Moto Z, denn Motorola bzw. Lenovo können mit der Konkurrenz hier absolut nicht mithalten. Dass im bekannten DxOMark das Moto Z auf Niveau des Moto G4 Plus liegt, ist entweder traurig für das Moto Z oder eben positiv für das Moto G4. Im Lowlight stinkt das Moto Z ab, doch auch im Tageslicht fehlt mir der 600 Euro-Effekt. Versteht ihr? Es fehlt der Punkt, an dem ich mich über das gute bzw. beeindruckende Ergebnis der Kamera freue, welches ich von einem so teuren Smartphone eigentlich erwarte.
In einem Album bei Google Fotos gibt es ein paar Fotos, die allesamt mit dem Moto Z im Alltag und daher oftmals „aus der Hüfte“ entstanden sind. Man sieht leider deutlich, dass die dunklere Jahreszeit dem Moto Z nicht gerade gut tut.
Cool hingegen ist Quick Capture, womit sich die Kamera per doppelte Drehung des Handgelenks starten lässt, wie auch der Blitz der Frontkamera. Alternativ einfach zweimal die Powertaste schnell nacheinander drücken, auch dann startet die Kamera.
Software, Systemleistung
Die Stärke der Motorola-Smartphones, von denen eigentlich nur das Moto als Marke übrig geblieben ist, bleibt weiterhin die Software. Lenovo hat an der vorherigen Strategie bislang nichts verändert, das Android bleibt fast unangetastet, nur wenige „fremde“ Apps sind vorinstalliert und Android-Updates gibt es schneller als bei der Konkurrenz. Für die Z-Serie hat man den weltweiten Rollout von Android 7 Nougat gestartet, da lief bei der Konkurrenz erst mal die Beta an.
Ich bin grundsätzlich ein Freund von guter Software, völlig egal ob es nun Stock-Android oder eine durchdachte Oberfläche ist. In diesem Fall bekomme ich Stock-Android vorgesetzt und dagegen habe ich mal gar nichts einzuwenden. Gemeinsam mit der verbauten Hardware leistet das Moto Z jeden Tag eine gute Arbeit, die Systemleistung ist über jeden Zweifel erhaben. Wobei es noch eine Ecke schneller ginge, zeigt das Xperia XZ im Vergleich.
Hier und da sollte Lenovo aber mehr tun, denn das flaue Gefühl im Magen bei Nutzung der Kamera fängt schon bei der Kamera-App an. Die kann nämlich nicht viel, es gibt nicht mal Raster (goldener Schnitt usw). Immerhin bietet man neben der HDR-Funktion auch einen Profi-Modus mit manuellen Settings für ISO, Weißabgleich, Fokus und Belichtung an, dazu noch einen Panorama-Modus und Zeitlupen-Videos.
Mods und mehr
Schön ist der Fingerabrucksensor irgendwie nicht, das liegt einfach an seiner viereckigen Form. Fragt mich nicht, das kommt generell nicht gut an, obwohl ein Rechteck eigentlich auch nicht so viel schöner wäre. Nun gut, in der Leistungsfähigkeit ist der hier verbaute Sensor zweifelsohne einer der besten. Meine Finger werden nahezu immer sofort erkannt, das Gerät sofort entsperrt. Zudem kann man durch kurzes Betätigen des Sensors das Display auch wieder deaktivieren.
weitere Sensoren
Wie schon beim Moto X der zweiten Generation gibt es auch im Moto Z noch weitere Sensoren an der Frontseite. Diese dienen zur Anzeige neuer Benachrichtigungen. Bewegt ihr euch, erkennen das die Sensoren und zeigen stromsparend die neusten Benachrichtigungen an. Gute Idee, die schnell nerven kann, am Schreibtisch erkennt das Smartphone ständig irgendwelche Bewegungen und blinkt quasi im Sekundentakt auf. So bleibt die Benachrichtigungsanzeige im Standby eine gute Idee, bei mir allerdings ausgeschaltet.
Spracheingabe
Weiterhin haben die Motorola-Smartphones auf Wunsch ihren eigenen Kopf, statt nur auf die „Ok Google“-Phrase zu hören, kann man dafür auch einen anderen Satz festlegen und dem Smartphone beispielsweise einen ganz persönlichen Kosenamen geben.
Style Mods
Ein weiterer Vorteil gegenüber der Konkurrenz sind die Style Mods, mit denen man den Look des Smartphones jederzeit individualisieren kann. Durch einen Style Mod wird das Gerät zwar dicker, die Rückseite schließt dann aber mit der Kamera ab. Ich mag diese Idee.
Moto Mods
Technischer und teurer wird es noch mit den Moto Mods, so heißen die Module für die Moto Z-Serie. Zum Zeitpunkt des Artikels gibt es einen Lautsprecher, eine Kamera, ein Akkupack und einen Projektor. Ich bin grundsätzlich von der Idee begeistert, allerdings sind die Module in der ersten Generation nicht immer ausgereift und relativ teuer. Mehr dazu in in diesem Bericht und in diesem Test des Hasselblad-Mods.
Mit den Mods gibt es aber ein dickes Problem, das mir erst später so richtig aufgefallen ist. Am unteren Ende gibt es bei den Mods eine kleine Halbkugel aus Metall, welche zur Zentrierung nötig ist und nicht ganz durchdacht wurde. Dieses kleine Stück Metall ist nämlich härter als die Rückseite des Moto Z. Nimmt man die Mods unvorsichtig vom Gerät, zieht sie dabei etwa zur Seite weg, zerkratzt die Rückseite ziemlich schnell!
Fazit
600 – 700 Euro würde ich persönlich nicht mehr für ein Smartphone ausgeben und die ist das Moto Z vielleicht gar nicht wirklich wert. Zwar bin ich ein glühender Anhänger der Moto-Serie und definitiv zufrieden mit dem Moto Z, doch dieses Flaggschiff hinkt der Konkurrenz leider in Sachen Akku und Kamera zu stark hinterher. Es gäbe mit dem Z Force zwar noch eine Alternative mit anderer Kamera und deutlich größerem Akku, doch dieses Modell ist zum Zeitpunkt des Artikels bei uns nicht zu haben.
Sagen wir mal so, würden alle vergleichbaren Flaggschiffe einen ähnlichen Preis besitzen, dann wäre man vermutlich mit einem Samsung Galaxy S7 oder HTC 10 besser dran. Wobei auch hier der Vergleich etwas hinkt, immerhin sind deren Displays ne ganze Ecke kleiner, es gibt kein Daydream und auffällige Hingucker wie das Moto Z sind die Geräte der Konkurrenz meines Erachtens auch nicht.
Ihr merkt schon, ich rede mich um Kopf und Kragen. Obwohl ich das Moto Z mag, erreicht es insgesamt nicht das Niveau der diesjährigen Konkurrenz. Dafür bietet es besondere Details und Möglichkeiten, die die Z-Serie wieder in einem positiven Licht dastehen lassen.
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